Seite:OberamtTuttlingen0297.jpg

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Die kleine, aber sehr freundliche, dem hl. Ottmar geweihte Kirche wurde im Jahr 1624 aus Mitteln der Kirchenpflege, welche sie auch zu unterhalten hat, erbaut; das Holz zur Unterhaltung muß die Gemeinde liefern; sie steht in der Mitte des Orts, besitzt keinen Thurm, sondern bloß einen Dachreiter auf dem Firste. Das Innere der Kirche erfreut durch drei schöne, figurenreiche, neugothische Altäre, zeigt an der Nordwand eine große, gut gearbeitete Madonna (Holzskulptur) im Rococostil und darunter die sehr hübsch in Eisenguß ausgeführte Gedenktafel des Friedrich Höfler, gefallen bei Villiers vor Paris den 2. Dez. 1870. Die große ewige Lampe ist ebenfalls in ansprechendem Rococostil gehalten; der Chor schließt vieleckig.

Nördlich stößt an die Kirche der alte, noch ummauerte, mit schönen Schmiedeisenkreuzen besetzte Friedhof. Der neue Begräbnisplatz wurde i. J. 1840 außerhalb des Orts angelegt.

Das 1836 hübsch erbaute Pfarrhaus, mit anliegendem Garten, ist von der Kirchenstiftung zu unterhalten. Das zweistockige, gut unterhaltene Schulhaus mit zwei Lehrzimmern wurde i. J. 1844 erbaut und an das ansehnliche Rathhaus ist im Jahr 1820 die Wohnung des Schulmeisters angebaut worden. Überdies bestehen noch zwei Back- und Waschhäuser und ein Armenhaus.

Gutes Trinkwasser liefern ein laufender, fünf Schöpf- und 51 Ziehbrunnen hinreichend, überdies besteht im Ort ein überdeckter, tiefer Wasserbehälter, welcher von der Gemeinde unterhalten wird, während die Brunnen sämmtlich Eigenthum von Privaten sind. Die Markung ist nicht reich an Quellen und der auf halber Höhe des Lupfenbergs entspringende Fürstenbrunnen versiegt in trockenen Sommern, bevor er die Thalebene erreicht; früher soll hier noch eine zweite Quelle geflossen sein, die aber in Folge der Abholzung des Dachsenbühls ausblieb. Der schon angeführte Schönbach nimmt auf der Markung noch einige Bäche auf, von denen nur die Hasenlach nennenswerth ist.

Die im allgemeinen fleißigen, sparsamen und betriebsamen Einwohner finden ihre Haupterwerbsquelle in Feldbau und Viehzucht; von den Gewerben bestehen, außer den nöthigsten Handwerken, von denen die Schuster und Weber auch nach außen arbeiten, eine Mühle außerhalb des Orts mit zwei Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe, eine Sägmühle, vier Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, ein Kauf- und zwei Kramläden. Als Nebengewerbe wird das Strohflechten getrieben

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)