Seite:OberamtTuttlingen0402.jpg

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tägliche Verdienst steht nicht hoch, summirt sich aber durch die Beharrlichkeit der Arbeiterinnen. Die Arbeit wird meist für Rechnung von Schweizer-Fabrikanten, welche 5 Agenten im Ort haben, betrieben. Ferner sind vorhanden zwei Ziegeleien, eine Schildwirthschaft, zwei Bierbrauereien, mit Wirthschaften verbunden, und vier Krämer. Mit Brennholz, Rebpfählen und Bohnenstecken wird Handel getrieben. Der Handel und Verkehr auf den vier Krämer- und Viehmärkten, welche der Ort in den Monaten März, Juni, September und November abzuhalten das Recht hat, ist von keiner Bedeutung.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind ziemlich gut und der weitaus vermöglichste Ortsbürger besitzt 125 Morgen Güter und 41 Morgen Waldungen, der sogenannte Mittelmann 30–40 Morgen und die minder bemittelte Klasse 10–12 M., beide letztere sind ohne Waldbesitz. Auf den angrenzenden badischen Markungen Buchheim und Liptingen haben die Ortsbürger etwa 50 Morgen Feld.

Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig 10 Personen.

Die große, von Nordwesten nach Südosten lang gestreckte, auf 3 Seiten von badischem Gebiet umschlossene Gemeindemarkung bildet eine wellige oder hügelige Hochebene, die nur von einigen unbedeutenden Trockenthälchen durchzogen wird.

Der mittelfruchtbare bis unergiebige Boden ist steinreich, leicht, hitzig und besteht vorzugsweise aus den nicht tiefgründigen Zersetzungen des weißen Jura, denen zuweilen Lehm aufgelagert oder beigemengt ist. Einige Kalk- und Dolomitsteinbrüche, zwei Lehmgruben, eine Töpferthongrube etc. sind vorhanden; eine Weißerdegrube wurde früher in der Nähe des Ortes betrieben und Bohnerzgruben waren über einen großen Theil der Markung, namentlich gegen Süden und Osten, verbreitet. Erdfälle kommen im Ried vor und gegen den Dinkelbrunnen hat sich eine Mulde eingesenkt. Eine Höhle, die Felsenstube genannt, liegt zunächst der Landesgrenze am Weg nach Gründelbach; sie ist nur so groß, daß einige Personen in ihr Platz finden. Wegen der hohen, freien Lage ist das Klima rauh, starken Winden ausgesetzt und schädliche Frühlingsfröste stellen sich beinahe regelmäßig ein, daher auch feinere Gewächse nur mit Mühe gezogen werden können und auch die Obstzucht nur wenig Ertrag liefert. Hagelschlag ist selten (in 50 Jahren 3–4mal).

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0402.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)