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Markungen laufen und überwintern sie theilweise im Ort. Die Wolle wird in Tuttlingen oder an Händler verkauft; der Abstoß der Schafe geht meist nach Paris.

Die Schweinezucht und besonders die Haltung derselben ist sehr beträchtlich und bildet, gleichwie die Rindviehzucht, einen besonderen Erwerbszweig der Einwohner. Die Ferkel (halbenglisch) werden theils im Ort gezüchtet, theils von außen bezogen; auch wird eine Anzahl von ihnen auf dem monatlichen Schweinemarkt in Donaueschingen abgesetzt, und über den eigenen Bedarf gehen viele Mastschweine an fremde Metzger und Händler.

Die Geflügelzucht ist von einigem Belang und erlaubt namentlich einen Verkauf von Gänsen, besonders in die Schweiz. Die Eier kommen großentheils in den Handel. Die Bienenzucht ist eher im Abnehmen begriffen, man hat über 70 Stöcke. Wachs und Honig wird wenig verkauft.

Außer der Volksschule nennen wir von Anstalten eine Kleinkinderschule und eine landwirthschaftliche Abendschule und seit dem Frühjahre 1875 eine freiwillige Feuerwehr.

Von öffentlichen Stiftungen bestehen nach der Rechnung von 1873/74 6087 Gulden 14 kr., wovon das Guthaben des Geldgrundstockes mit 4995 fl. 49 kr. abgeht. Die Zinsen werden für Unterhaltung der Kirche, für Kultkosten und ein kleiner Theil zur Armenstiftung verwendet. Überdies besteht eine Stiftung der verstorbenen Witwe des Dr. Schneckenburgers in Trossingen von 800 fl., die bis jetzt auf 1150 fl. herangewachsen ist, zu Lehrgeldern für Söhne und Töchter armer Bürger. Der Schulfonds (für Schulzwecke) beträgt nach der Rechnung von 1873/74 nunmehr 3073 fl. 49 kr.

Von Spuren aus der Vorzeit nennen wir: eine von Schwenningen herkommende römische Straße, „Heerstraße“, sie führt auf der Markung über den „Hattensteig“, durch den Ort und weiterhin durch den „Heerwald“, an der „Heidelburg“ vorbei, dann durch das „Brentenwäldle“ an den Lupfen; eine weitere römische Straße kommt als „Rottweiler Weg“, „Heerstraße“, an der Weigheimer Kapelle herab, zieht ebenfalls durch den Ort und setzt sich auf der „Schelmengasse“ gegen Baldingen im Badischen fort. An ihr lag bei der badischen Grenze auf der Flur „Weil“ ein römischer Wohnplatz, von dem früher schon Überreste aufgefunden wurden. Bei der „Heidelburg“ befindet sich eine quadratische, mit Graben umgebene Befestigung, ohne Zweifel römisch, das sog. „Schänzle“.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0463.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)