Seite:OberamtTuttlingen0471.jpg

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Trossingen,


Gemeinde II. Kl. mit Oberer und Unterer Mühle, 2573 Einw., worunter 12 Kath. und 1 eig. Konf. Evang. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit. Die Kath. sind nach Weigheim eingepfarrt. 43/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Im nordwestlichen Theile der Baar hat der sehr große, ausgedehnte, unregelmäßig angelegte Ort, von schönen Obstbaumgärten umgeben, auf der linken Seite des Trosselbachthälchens, zu dem noch einige Häuser herunterreichen, eine sehr freundliche und freie Lage. Der Ort bestand früher aus zwei Dörfern, das obere und das untere Dorf, die zum Theil jetzt noch nicht ganz zusammengebaut sind. Zwischen beiden stand früher eine große Linde, an der die Jurisdiktion zwischen Württemberg, Österreich und Fürstenberg zusammengrenzte. An den breiten, gut unterhaltenen, chaussirten und gekandelten Ortsstraßen liegen die meist mittelgroßen Häuser ziemlich nah bei einander, mitunter noch mit Schindeln gedeckt, die Wände sind theilweise mit Schindeln oder auch Ziegelplatten verkleidet. Zuweilen hat sich ein Gebäude im städtischen Stil eingestellt, auch bestehen noch manche alte Holzhäuser, von interessantem antikisirendem Geschmack. Hauptmeister in dieser volksthümlichen Kunst war der um das Jahr 1780 gestorbene Zimmermeister Kratt.

Die große Kirche liegt frei und weithin sichtbar am Nordostende des Dorfes auf einer gegen das Trosselbachthal vorspringenden Höhe, und wurde der Hauptsache nach in den Jahren 1742–43 im Rundbogenstil neu erbaut. Der an der Südseite, am Beginn des Chores, sich erhebende Thurm dagegen ist noch spätgothisch, hat gegen oben spitzbogige, mit Fischblasenmaßwerk gefüllte Fenster, und darauf ein neueres achteckiges Stockwerk; an seinem untersten Geschoß steht die später eingemeißelte Jahreszahl 1622. Oben im Westgiebel der Kirche, auf dem ein zierliches Schmiedeisenkreuz sitzt, sind die Reste eines sehr schönen spätgothischen Sakramenthäuschens eingemauert, und an ihrer Südwand gewahrt man einige ältere Grabsteine, darunter den des (1681 geborenen) Pastors Goll. Die vieleckig schließende Sakristei liegt dem Thurm gegenüber. Das Innere der Kirche zeigt im Schiff eine flache Holzbalkendecke mit einer Uhrentafel in der Mitte, der vieleckig schließende Chor, worin die Orgel steht, ist

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0471.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)