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Felswände, die mit Laubwald von den verschiedensten Holzarten umhüllt sind. 1

Die geognostischen Verhältnisse des Hohentwiel.[1]

Schon als der südlichste Vulkanberg Deutschlands diesseits der Alpen erregt der Hohentwiel die Aufmerksamkeit der Geologen, insonderheit aber zieht er als der südöstliche Eckpfeiler des vulkanischen Hegau, der sich mit senkrecht abfallender Steilwand 261 m über den Wasserspiegel der seinen Fuß bespülenden Aach erhebt, vor allen Bergen der Gegend die Augen auf sich. Von seinem Fuß bis zur Spitze besteht dieser gewaltige Ausbruchsberg aus Phonolith (Klingstein). Seine imposante Gestalt aber mag geradezu als Typus gelten für dieses eruptive Gestein; die glockenförmige Riesenkuppel, die steilen durch die Erosion gerippt erscheinenden Seitenwände, die schalenförmig über einander gelegten Gesteinsplatten, die auf der Höhe des Berges sich flach legen, gegen den Rand sich wölben, gegen die Tiefe steil abfallen, tragen die Geschichte der Entstehung des Berges durch unterirdische vulkanische Kräfte mit deutlicher Schrift an ihrer Felsenstirne geschrieben.

Phonolith bildet durchweg die Grundmasse des Berges, die im frischen unzersetzten Zustand ein dunkles Grau zeigt, am Tage aber unter dem Einfluß der Atmosphärilien sich zersetzt und an Farbe lichtgrau wird mit einem Stich in Gelb oder Braun. Den ersteren Zustand des Gesteines lernen wir nur am Fuß des Felsens kennen, wo unterhalb der Maierei Steinbrucharbeiten in den Schuttfuß des Berges getrieben werden, um das noch frische Gestein zu Marksteinen und Pflastersteinen zu verwenden.

Das bloße Auge schon erkennt in diesem frischen Phonolith außer den 2–3 Millimeter großen glänzenden, farblosen Sanidinkrystallen[2] schwarzglänzende Hornblende und eingesprengte Titanite. Unter dem Mikroskop aber löst sich die durchscheinende Grundmasse in Körner von Nosean[3] oder Hauyn auf, die


  1. Von Professor Dr. O. Fraas.
  2. Sanidin oder glasiger Feldspat, meist farblos, spröder als der gemeine Felsspat, dessen chemische Zusammensetzung er theilt, ist kieselsaure Thonerde und kieselsaures Natron und Kali, dessen prozentaler Gehalt übrigens wechselt. Spez. Gew. 2,58.
  3. Nosean ist kieselsandiges und schwefelsaures Natron und kieselsaure Thonerde. Das Mineral wurde nach dem Entdecker, Nose
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0516.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)