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des Natroliths sich[ER 1] erweist. Der Ruhm dieses schönen Minerals wurde 1803 durch Bergrath Selb von Wolfach begründet, nachdem schon 1792 im Bergmännischen Journal auf die Besuche des Hohentwiel Seitens des Grafen von Razoumosky, Fleurian de Bellevue und Dolomieu hingewiesen war, welche die schönen verschiedenfarbigen Zeolithe priesen. Anfangs nannte Selb das Mineral Högauit, nahm aber den von Klaproth vorgeschlagenen Namen Natrolith gerne an und schrieb[1] 1803 seine Monographie über den Hohentwieler Natrolith. Er spricht darin von wein- honig- und oraniengelbem Natrolith, seltener von blaßbraunrothem, milch- und röthlichweißem und endlich von fleisch- und morgenrother Farbe. Sicherlich war es diese Abhandlung des hochangesehenen gelehrten badischen Bergraths, welche den damaligen Kurfürsten, späteren König von Württemberg bestimmte, sich dieses Mineral an seiner alten Bergfeste näher anzusehen. Friedrich, der ohnehin eine besondere Vorliebe für spezifisch württembergische Steine hatte, ließ eine große Menge Natroliths am nordwestlichen Fuß des Berges, nicht fern von dem Kirchhof, ausbrechen und nach Stuttgart führen, wo die Stücke von den Sträflingen geschliffen und polirt wurden, um zur Täferung im Königl. Residenzschloß verwendet zu werden. Heute noch ziehen die geschliffenen Plättchen von Natrolith, ähnlich behandelt wie z. B. der Malachit in russischen Schlössern, an dem großen Treppenaufgang des Schlosses die Augen auf sich. Mit dem Tode des Königs, der seine besondere Freude an dem sonnenartig gestalteten, orangegelben Stein hatte, hörte die Industrie auf und wird der Natrolith nur noch von Mineralogen gesammelt. Die Hauptfundgrube bildet jene Felsennische, die König Friedrich im Anfang des Jahrhunderts in den Berg treiben ließ, um das Rohmaterial für seinen Schmuckstein zu bekommen. 1

Sämmtliche Gänge im Phonolith des Hohentwiel streichen zwischen hora 12 und 1, ziemlich genau von Mittag nach Mitternacht. Beachtet man, daß in derselben Richtung die westlich gelegenen Basaltpunkte streichen und die Basalttuffe zerklüften, so dürfte der Schluß wohl gerechtfertigt sein, daß der Ausbruch der Phonolithe und der Basalte ein- und demselben System angehören, welches nicht nur das vulkanische Hegau beherrschte, sondern auch mit der Bildung der Rheinspalte in Zusammenhang


  1. Der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin neue Schriften 1803.

Berichtigungen und Nachträge

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0518.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)