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Über die Zeit der vulkanischen Eruptionen im Hegau kann kaum ein Zweifel sein. Sie fällt in das Ende des schwäbischen Tertiärs, denn der Molassesandstein, den man das oberschwäbische Grundgebirge zu nennen berechtigt ist, war schon abgesetzt und wurde sammt dem darunter liegenden schwäbischen Flözgebirge durchbrochen. Läßt sich doch dieser jüngere Molassesandstein an mehreren Orten des Hegau als das Liegende der Tuffe beobachten und wollte Cotta sogar eine phonolithische Lavenkruste am Sandstein beim Hohentwiel beobachtet haben. Verschiedene jungtertiäre Landschnecken (Helix sylvana Klein, Helix geniculata Sandberger) desgleichen die am Hohenkrähen und auf dem Schienerberge an die Tuffe sich anschließenden Tertiärgebilde der sog. Öninger Stufe kennzeichnen diese durch zahlreiche Reste von Tertiärpflanzen und Thieren. Nicht nur daß die Hegaubildung in das Ende der Tertiärzeit fällt, höchst wahrscheinlich ist auch die vulkanische Katastrophe, welche das Hegau bildete, im Anschluß an weitere damit zusammenhängende Erscheinungen ein nicht gering anzuschlagender Faktor geworden, welcher der Tertiärzeit in der Seegegend ein Ende bereitete. Denn noch jüngere Tertiärgebilde, die etwa nach der Bildung des Hegau sich entwickelt hätten, kennen wir in Schwaben überhaupt nicht. 1

Zum richtigen geologischen Verständnis des Hohentwiels ist nun aber in zweiter Linie die Geschichte der Zerstörungen an dem Felsen ebenso wichtig, als die des vulkanischen Aufbaus. Dieser zweite geologische Akt der Geschichte des Hegau beginnt mit dem Erscheinen des Rheinthalgletschers, oder wohl richtiger des großen Alpengletschers in der Gegend des späteren Rheinthals, der von Südosten und Süden anrückte. Ohne großen Widerstand zu finden, denn die tertiären Sande und Mergel oder die vulkanischen Aschenberge konnten einen solchen nicht entgegenstellen, brach sich der Gletscher erstmals an der Felsenecke des Twiel, nicht ohne den freilich vergeblichen Versuch, den vulkanischen Kegel von der Oberfläche der Erde wieder wegzufegen. Herr Ober-Ingenieur R. Gerwig, der Erbauer der badischen Schwarzwaldbahn, will sogar heute noch an der Südostecke des Hohentwiel bis zu 570 m Höhe abgerundete und geglättete Felswände beobachten, während die Höhen eckig und höckerig gestaltet wären. Es ist dies recht wohl möglich, doch darf eine geognostische Untersuchung, die an unersteiglichen Felsen nur mit der Fernröhre gemacht werden kann, auf unumstößliche Wahrheit keinen Anspruch machen. Dagegen ist Thatsache: 1) daß der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0521.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)