Seite:OberamtTuttlingen0575.jpg

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Herzog Karl that wenig für die Festung. 1794 fand Oberstlieutenant v. Bilfinger dieselbe bis zum Aussehen einer Ruine zerfallen; es wurden einige, doch nicht genügende Verbesserungen vorgenommen, der unteren Festung war nicht mehr zu helfen. Der energische Kommandant Oberst von Wolfskeel 1794–1797 that was er konnte und hatte z. B. die Augustabatterie und das Herzogsbollwerk fertig gebracht, als Okt. 1796 Franzosen und Österreicher an Hohentwiel vorüberzogen, doch seine Parteilosigkeit anerkannten. Wolfskeels früher Tod war ein großer Verlust, zumal seine Nachfolger, der 69jährige Oberst v. Bilfinger, dem 20. Febr. 1799 der Oberstlieutenant von Wolff beigegeben ward, wohl wissenschaftlich gebildete Offiziere, aber für ihre Aufgabe so wenig die rechten Männer waren, als die Stuttgarter geheime Festungsdeputation, welche auf ihre bescheidenen Bitten um die nothwendigsten Geschütze und Mannschaften nichts that. März 1799 kamen die Franzosen ganz in die Nähe der Festung, doch ohne Feindseliges zu unternehmen. Beide kriegführenden Parteien schienen ohnedies auf dieselbe keinen Werth zu legen. 19. August war H. Friedrich in Hohentwiel; Bilfinger wurde zum Generalmajor befördert. Die Kommandanten unterstanden sich aber nicht, eine Vorstellung zu machen[1]. So kam das Jahr 1800 heran. Die Besatzung bestand aus 106 Mann, großentheils Invaliden, die Geschütze waren 27 St., wovon aber nur 2 ganz brauchbar gewesen sein sollen. Am 1. Mai drängte das französische Korps Lecourbe die Österreicher von Schaffhausen und Stein her an Hohentwiel vorüber, und gegen Mittag erschien die Division Vandamme mit 10.665 Mann. Die nothdürftigsten Vertheidigungsmaßregeln waren getroffen. Die erste Aufforderung der Franzosen wurde würdig beantwortet, indem auf die bisher anerkannte Parteilosigkeit der Festung hingewiesen wurde (wobei nur der Fehler war, daß Wirtemberg dem Bunde gegen Frankreich kurz zuvor förmlich beigetreten war) und im Fall eines Angriffs energische Gegenwehr in Aussicht gestellt. Ungeschickter Weise überbrachte aber Wolff die Antwort selbst, wodurch er in die Gewalt der Überredung des schlauen Vandamme gerieth. Dieser gab eine Stunde Bedenkzeit und stellte zugleich Geschütze und Mannschaft gegen die Festung auf. Der


  1. Erbprinz Friedrich Wilhelm war mit, der spätere König Wilhelm, der bei seinem Regierungsantritt 1816 den unglücklichen Wolff sogleich begnadigte.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 575. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0575.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)