Seite:Oberamt Laupheim 158.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Auf einem Vorsprunge der Illerthalgehänge an der Straße nach Wain befinden sich freundliche Anlagen, welche Freiherr von Hermann der reizenden Aussicht wegen herstellen ließ.

An der Hauptstraße im östlichen Theile des Orts steht die ansehnliche Pfarrkirche zum heil. Martin, welche mit ihrem weithin sichtbaren, architektonisch schönen Thurme zu der malerischen Ansicht des Dorfs viel beiträgt; dieselbe wurde im Jahr 1588 von Philipp Eduard Octavian und Raimund, Gebrüdern Grafen Fugger von Kirchberg und Weissenhorn, neu erbaut, der Thurm scheint jedoch aus einer frühern Periode zu stammen; von den fünf auf ihm hängenden Glocken sind vier im Jahr 1699 gegossen, und die fünfte trägt die Inschrift „Franziskus Kern goß mich in Augsburg, Jesus Maria Joseph“. Das Geläute ist ausgezeichnet und im vollständigen Fünferaccord. Das Langhaus wurde in den modernen Rundbogenstyl geändert, wie auch der mit einem halben Achteck schließende Chor, dagegen hat sich der imposante hohe Thurm in seinem Übergangsstyl (von dem romanischen in den germanischen) noch unverdorben erhalten. Derselbe besteht aus fünf Stockwerken und trägt ein schlank aufstrebendes Satteldach, an dessen zwei Dachseiten, von dem mit einem Rundbogenfries verzierten Gesimse an, je ein sechsseitiges, mit schlankem Zeltdach gedecktes Thürmchen emporwächst; während die Giebelseiten des Dachs mit Lisenen verziert sind und rundbogige Fensterchen enthalten. An dem Glockenhause sind auf jeder Seite zwei rundbogige Fenster angebracht, während die untern Stockwerke kleine rundbogige Lichtöffnungen haben. An dem untersten Stockwerke befinden sich auf drei Seiten des viereckigen Thurms gedrückt spitzbogige Blendbögen, von denen der südliche und der westliche Wandgemälde, das eine Christus am Ölberg – das andere Christus am Kreuz vorstellend, enthalten, welche in jüngster Zeit von Maler Zeller aus Dietenheim restaurirt wurden. Früher sollen diese Bögen offen gewesen sein, so daß man durch dieselben in die Kirche gelangte. Das sehr geräumige Innere der Kirche ist freundlich, hell, durchaus weiß getüncht und im Allgemeinen im Renaissancegeschmack gehalten; die flache Decke des Langhauses enthält Malereien, von denen das ovale Mittelbild die Himmelfahrt der Maria vorstellt, während in den Ecken der Decke die vier Evangelisten mit ihren Attributen dargestellt sind. Der Chor hat eine gewölbte, mit Gold verzierte Kuppel mit einem ovalen Gemälde, das heil. Abendmahl vorstellend. Im Chor hängt ein altes, sehr gut auf Kupfer ausgeführtes Gemälde, welches die Kreuzigung darstellt. Auf einem der Seitenaltäre steht ein altes, gut geschnittenes Holzbild, Maria mit dem verschiedenen Christus

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Laupheim. Stuttgart 1856, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Laupheim_158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)