Seite:P. Florian Baucke, ein deutscher Missionär in Paraguay (1749 - 1768).pdf/120

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Die Blattern in der Reduktion.

Die Blattern verwüsten das Land wie die Pest. Wird von den Indianern, die noch in der Wildnis leben, bemerkt, daß einer aus ihrer Mitte mit diesem Übel behaftet sei, so fliehen alle und überlassen ihn seinem traurigen Schicksale. Nur stellen sie ihm vor sein Lager einen Krug mit Wasser, einen Braten und einige Früchte des Waldes auf einer Ochsenhaut hin. Trifft es sich, daß mehrere zugleich an den Blattern daniederliegen, so kann der minder schwache Kranke den schwächeren pflegen; die Gesunden sehen sich nicht mehr nach ihnen um. In solcher Verlassenheit erwarten die Unglücklichen den Tod oder suchen, wenn ihre starke Natur das Gift besiegt, die entflohenen Verwandten, gar oft vergebens. Die meisten von der Seuche Ergriffenen sterben, nicht sowohl wegen der Bösartigkeit der Krankheit selbst, als wegen der Art, mit der sie sich dabei benehmen. Fühlt der Indianer beim Ausbruche des Übels Hitze, so badet er sich im Flusse und holt sich den Tod.

Im Jahre 1760 drang die Blatternseuche auch in mein unglückliches Dorf. Ein Jüngling von achtzehn Jahren wurde davon auf einem Schiffe zu Santa Fé angesteckt, das er, vergeblich gewarnt, in der Absicht betrat, um Tee zu kaufen. Am 7. September brach bei ihm die Krankheit aus. Meine Angst wurde über alle Beschreibung groß, als ich mich überzeugte, daß achthundert meiner lieben Neubekehrten sie noch nicht überstanden hatten und nun in so großer Gefahr schwebten. In wenigen Tagen lagen schon achtzig danieder. Tag und Nacht, soviel es meine angegriffenen Kräfte zuließen, war ich Priester und Arzt. Mit einigen Knaben, die mir Geschirre mit Gersten- oder Linsenwasser nachtragen mußten, lief ich von Hütte zu Hütte, reichte den Kranken einen aus verschiedenen Samenkörnern bereiteten milchartigen Trank, hörte die Erwachsenen Beichte und erteilte die Firmung; denn durch päpstliche Erlaubnis war uns Missionären die Ausspendung dieses heiligen Sakramentes gestattet, wenn die Gefahr des Todes da war. Mein Mitpriester in der Mission, P. Peter Pole (oder Poule), ein Engländer, war erst kurze Zeit bei mir und der Sprache meiner Leute noch gar nicht kundig. Er konnte also beim besten Willen nichts anderes tun, als die heilige Wegzehrung reichen, die letzte Ölung spenden und die Verstorbenen