Seite:P. Florian Baucke, ein deutscher Missionär in Paraguay (1749 - 1768).pdf/119

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dies für eine Einladung zum Genuß verbotener Liebe und sagte ihr, wenn sie etwas von ihm haben wolle, solle sie absteigen. Und da sie dieses tat, nahm er seine Wurfschlinge doppelt und geißelte sie mit den Worten: „Warte, ich will dir die Sünde austreiben.“ – Ein junges Weib, die Gattin eines Viehhüters, war allein in ihrer Hütte. Ein junger Spanier, der verlaufenes Vieh suchte, kam zu ihr und begehrte etwas zu essen. Sie gab ihm einen Braten und sprach mit ihm, ohne Arges zu denken. Plötzlich wollte er sie umarmen. Sie erschrak und wich zurück. Da aber seine Liebkosungen damit nicht beendet waren, nahm sie einen Feuerbrand und vertrieb den Begehrlichen. – Ihre Sorge beim täglichen Baden nicht von Personen des andern Geschlechts gesehen zu werden, war sehr groß; und wehe dem Fremden, der gesucht hätte, sie dabei zu überlisten! – Der Gedanke an den Tod äußerte seine Kraft als bewährtes Tugendmittel fast bei allen. Dieser Gedanke trieb sie auch an, sich bei größerer Todesgefahr mit Gott zu versöhnen. Jedes Weib beichtete, wenn die Zeit der Entbindung herannahte. Zogen meine Leute gegen einen Feind, so kamen sie, wenn es die Zeit nur irgend zuließ, vorher zu mir, um durch Bekenntnis der Sünden ihr Gewissen zu reinigen.

Wenn sie gebeichtet hatten, sagten sie mir oft, wie unendlich wohl ihnen nun sei, und wie sie den Tod gar nicht mehr fürchteten. Ich muß bekennen, daß diese Sprache keine vorübergehende Stimmung der Seele ausdrückte, sondern daß diese neuen Christen von einem überirdischen Gefühle wahrhaft und ganz durchdrungen waren. Denn wenn ich ihnen in ihren letzten Stunden beistand, überzeugte ich mich, daß sie nicht nur ohne Furcht, sondern sogar bereitwillig dem Tode entgegensahen, aus Verlangen, zu ihrem himmlischen Vater zu kommen. Ich erlaubte mir manchmal zu fragen, ob sie nichts beunruhige, ob sie der Gedanke nicht quäle, ihre Kinder zurücklassen zu müssen. Die Antwort war verneinend. „Du, mein Vater“, sprachen sie, „hast immer für meine Kinder gesorgt und wirst es auch ferner tun. Daß ich hier zu leben aufhöre, betrübt mich nicht, du hast uns ja gelehrt, daß wir zu Gott kommen. Das glaube und hoffe ich auch.“ So verschieden sie mit großer Ruhe, zum Troste meines Herzens. Diese Ergebenheit in Gottes Willen hatte ich am meisten damals zu bewundern Gelegenheit, als die Blattern in meinem Dorfe herrschten.