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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

ist, dass die Eltern von ihren Kindern beerbt werden und nicht diese beerben, so schwieg er von dem unerwünschten, ungünstigen Falle[1], damit es nicht den Anschein gewinne, dass Vater und Mutter in der unstillbaren Trauer um früh verstorbene Kinder eine Einnahmequelle haben, aber er nannte sie doch in versteckter Andeutung, indem er den Oheimen die Erbfolge gestattete, und wurde so beiden Forderungen gerecht, sowohl der der Schicklichkeit als auch der, dass das Vermögen ihnen nicht vorenthalten werde. Nach den Oheimen kommen in fünfter Reihe die nächsten Verwandten des Geschlechts, denen er je nach dem näheren Grade das Erbrecht erteilt.

246 (33.) Nachdem ich dies, wie es erforderlich war, über die Offenbarungen gemischter Art auseinandergesetzt, will [p. 173 M.] ich nunmehr die im Zustande der Verzückung ausgesprochenen Weissagungen des Propheten besprechen, denn so habe ich es darzulegen versprochen. Die erste Ergriffenheit durch göttlichen Geist kam über ihn zu der Zeit, die auch dem Volke der Anfang seines Glückes geworden ist, als es in vielen Myriaden die Auswanderung aus Aegypten nach den Städten Syriens unternahm (2 Mos. c. 14). 247 Männer und Weiber gelangen nach dem Durchzug durch die ganz pfadlose, weite Wüste an das sogenannte Rote Meer. Da waren sie natürlich in grosser Ratlosigkeit: sie konnten weder übersetzen – aus Mangel an Fahrzeugen – noch hielten sie es für ungefährlich, auf demselben Wege umzukehren. 248 In dieser schlimmen Lage bricht ein noch grösseres Unglück über sie herein: der König von Aegypten zog mit einem ansehnlichen Heere, das aus Reiterei und Fussvolk bestand, zu ihrer Verfolgung aus, voller Eifer sie zu überfallen, um sie für den Auszug zu strafen, den er ihnen auf ganz deutliche Gottessprüche hin


  1. Das talmudische Erbrecht erkennt gleichfalls den Vater als Erben an (vgl. Mischna, Baba Bathra c. 8,1 אלו נוחלין ומנחילין, האב את הבנים und die Kommentatoren, von denen Nachmanides das Schweigen vom Vater in ähnlicher Weise wie Philo zu erklären sucht דרך ברכה ידבר ולא בנכרתים‎. Die wesentliche Uebereinstimmung Philos mit der Halacha stellt Ritter, Philo und die Halacha S. 94–97 fest. Aus der Begründung im § 245 scheint hervorzugehen, dass auch nach Philo der Vater den Vortritt vor seinen Brüdern hat (gegen R.s Ausführungen daselbst S. 35 Anm. 1).
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/058&oldid=- (Version vom 1.8.2018)