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eines Ellipsoides, um zu unterscheiden, welche Resultate aus den allgemeinen Grundgleichungen, und welche aus der speziellen Annahme der allseitigen Symmetrie des Elektrons folgen.

Drei Systeme von Grundgleichungen sind es, auf denen die Dynamik des Elektrons beruht. Die erste „kinematische Grundgleichung“ (I) schränkt die Freiheit der Bewegung des Elektrons ein, das System der „Feldgleichungen“ (II) ergibt das vom Elektron erregte elektromagnetische Feld, während das dritte System der „dynamischen Grundgleichungen“ (III) die Bewegungen bestimmt, die das Elektron in einem gegebenen äußeren Felde ausführt.

Die in der ersten Grundgleichung enthaltene Kinematik des Elektrons stimmt mit derjenigen des starren Körpers überein; wie die Materie an den Volumenelementen des starren Körpers, so haftet die Elektrizität an den Volumenelementen des starren Elektrons. Diese kinematische Grundhypothese mag manchem willkürlich erscheinen; mancher wird, auf die Analogie der gewöhnlichen, elektrisch geladenen festen Körper sich berufend, die Vorstellung vertreten, daß die ganz enormen Feldstärken, die an der Oberfläche des Elektrons herrschen — dieselben übertreffen die unserer Messung zugänglichen um das Billionenfache — im stande sind, das Elektron zu deformieren; am kugelförmigen Elektron würden sich alsdann die elektrischen und die elastischen Kräfte das Gleichgewicht halten, so lange als das Elektron ruht; durch die Bewegung des Elektrons aber würden die Kräfte des elektromagnetischen Feldes, und daher auch die Gleichgewichtsform des Elektrons geändert werden. Es ist nicht diese Vorstellung, die zur Übereinstimmung mit dem Experiment geführt hat. Auch schien mir die Annahme eines deformierbaren Elektrons aus prinzipiellen Gründen unzulässig zu sein. Denn sie führt zu der Konsequenz, daß bei der Formänderung von den elektromagnetischen Kräften, oder gegen sie Arbeit geleistet wird, daß also außer der elektromagnetischen Energie eine innere potentielle Energie des Elektrons heranzuziehen ist. Wäre das wirklich notwendig, so wäre bereits die elektromagnetische Begründung der Theorie der Kathoden– und Becquerelstrahlung, eines rein elektrischen Vorganges, unmöglich, dann wäre auf die elektromagnetische Begründung der Mechanik von vornherein

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Max Abraham: Prinzipien der Dynamik des Elektrons (1903). Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1903, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prinzipien_der_Dynamik_des_Elektrons_(1903).djvu/4&oldid=- (Version vom 27.7.2016)