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Bei schnellen Schwingungen, von der Frequenz der Hertzschen, kommt diese letztere Abhängigkeit wesentlich in Betracht; sie gibt sich insbesondere durch die Wellen kund, die von einem Hertzschen Erreger ausgesandt werden. In der Theorie der Wechselströme geringerer Frequenz hingegen pflegt man diesen Umstand nicht zu beachten. Man berechnet das magnetische Feld der jeweiligen Stärke und Verteilung des Stromes gemäß so, als ob der Strom stationär wäre; aus der Energie des so berechneten Feldes leitet man die Selbstinduktion ab, die einer zeitlichen Änderung der Stromstärke entgegenwirkt. Diese Theorie des „quasistationären Stromes" hat sich für hinreichend langsame Stromschwankungen als durchaus zuverlässig erwiesen; die in ihr nicht enthaltene Ausstrahlung kommt nur bei sehr rapiden Stromschwankungen in Betracht.

Dem stationären Leitungsstrom entspricht hier stationärer Konvektionsstrom, das ist gleichförmige Elektronenbewegung. Dem quasistationären Strome entspricht „quasistationäre Bewegung". Wir bezeichnen eine Bewegung des Elektrons als quasistationär, wenn die Geschwindigkeitsänderung so langsam erfolgt, daß man den Impuls aus der jeweiligen Geschwindigkeit, wie bei stationärer Bewegung, berechnen kann. Wann es gestattet ist, eine Bewegung als quasistationär zu betrachten, darüber werden wir im nächsten Paragraphen Auskunft zu gewinnen suchen.

Der Selbstinduktion in der Theorie des Leitungsstromes entspricht in der Dynamik des Elektrons die „elektromagnetische Masse". Es hat, wie in der Einleitung erwähnt wurde, das Experiment dazu geführt, den Elektronen eine träge Masse zuzuschreiben, eine Masse, die bei den Geschwindigkeiten der langsamen Kathodenstrahlen merklich konstant, bei denen der Becquerelstrahlen Funktion der Geschwindigkeit ist. Es hat sich also hier das zweite Axiom Newtons wenigstens in dem Sinne bestätigt, daß der Quotient aus Beschleunigung und Kraft von dem Betrage der Kraft unabhängig ist. Um ein derartiges Verhalten aus der elektromagnetischen Theorie zu deduzieren, gehen wir aus von einer Bewegung des Elektrons, welche dem ersten Axiome Newtons Genüge leistet, nämlich von reiner Translationsbewegung. Wir ändern sie durch eine äußere Kraft ab; erfolgt die Beschleunigung quasistationär,

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Max Abraham: Prinzipien der Dynamik des Elektrons (1903). Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1903, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prinzipien_der_Dynamik_des_Elektrons_(1903).djvu/45&oldid=- (Version vom 20.8.2021)