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er könne kein ordentliches Dach haben, denn er hätte eine Tochter, die spönne das Stroh vom Dache und das Moos aus den Wänden. Da fragte der König, ob er die Tochter nicht bekommen könne. Der alte Mann aber antwortete: ja; und der König nahm die Tochter mit nach seinem Hause, wollte aber erst die Probe machen, ob sie auch wirklich eine so flinke Spinnerin sei. Am andern Tage gab er ihr ein Fuder Hede und sagte: in acht Tagen käme er wieder, dann sollte das fertig gesponnen und gehaspelt sein. Als nun der König wieder auf Reisen gegangen war, verfloß ein Tag nach dem andern, ohne daß das Mädchen anfing zu spinnen, denn es hat gar nicht spinnen können. An dem Tage, wo sie den König zurückerwartete, ging sie hinaus auf die Hausschwelle, setzte sich darauf und weinte laut. Da kam eine alte Frau, die fragte, was sie weinte. Das Mädchen aber sagte: ihr Herr und König wäre fortgegangen und hätte ihr ein Fuder Hede gegeben, das sollte in acht Tagen fertig sein und sie könnte gar nicht spinnen. Da fragte die Frau, ob sie einen Knust mit Zwetschenmus haben solle wenn sie freite, dann wollte sie ihr auch die Hede aufspinnen. Das Mädchen sagte: ja, den sollte sie haben. Darauf ging die Frau mit dem Mädchen herein, auf des Mädchens Kammer, nahm den Spinnwocken vor und sagte:

Horle, Horle-Horle-Wip,
Wie balde spinn’ ich dich!
Horle-Horle-Wap,
Wie balde haspl’ ich ab!

Und damit war das Fuder Hede gesponnen und gehaspelt. Als nun der König den Abend nach Haus kam

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)