Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 2.djvu/268

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sagen, daß diese Zeichen innerer Empfindungen unwahr und untüchtig an sich selbst sind, und nur auf Albernheit und Ziererey zurückweisen. Crebillon will die unschuldige Zeneis schildern. Ihr Liebhaber wirft ihr vor: daß wenn sie ihn liebte, sie nicht suchen würde, der Einsamkeit, worin sie sich zusammen befanden, zu entfliehen; daß sie nur besorgt für Störung seyn würde. Ach! wer sagt Ihnen denn, antwortet Zeneis, daß ich etwas anders fürchte! Wer wird bey einigem Nachdenken in dieser vermeinten Naivität den decenten Witz einer ausgelernten Buhlerin verkennen?

Jene hochherzigen Weiber in den Romanen eines d’Urfe und Scüdery, jene Heldinnen in den Trauerspielen des Corneille, glauben sich durch das Geständniß ihrer Liebe etwas gegen den Liebhaber zu vergeben, und verfahren dabey wie Renomisten, die sich bey einem Ehrenhandel in Vortheil zu setzen suchen. Demungeachtet reitzen sie durch den Schein des Erhabenen. Sylvander in der Asträa will sein Leben aufopfern, um die Freundin seiner Geliebten zu retten. Schonen Sie ihres Lebens, sagt die stolze Phylis, und wissen Sie, daß ich Sie nicht hasse! Wie unwahr! und dennoch liegt etwas Reitzendes für den Beschauungshang in der Einkleidung dieses Geständnisses, vorzüglich wenn wir es aus dem Munde einer Juno, und von ihrem Anstande begleitet denken!

Welch ein ganz anderes Bild für Phantasie und Auge liefert die Oper le Magnifique. Der Liebhaber liegt auf den Knieen vor der Geliebten. Bewacht von einem eifersüchtigen Vormunde darf diese sich nicht durch Worte erklären. Aber sie hält eine Rose in ihren Händen, und der Liebhaber will in dem Falle der Blume das Zeichen seines Glücks und der Ergebung ihres Herzens erkennen.