Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 2.djvu/53

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Kräfte nach Befriedigung geselliger Triebe, besonders der Geschlechtssympathie, und einen feinen Ausdruck geselliger Empfindungen antreffen.

Ovid sagt irgendwo: ach! daß ich derjenige wäre, den die Geliebte aus Eifersucht übel behandelte, zu dem sie unter Thränen sagte: ich möchte dich hassen, wenn ich könnte!

Ist dieß der Ausdruck der Liebe? Der Wunsch, im Kummer des andern Genuß zu finden, gehört der zu dem wonnevollen Streben nach der Ueberzeugung von des Geliebten Glück? Nein! es ist der vollkommene Ausdruck üppiger Eitelkeit; es ist ästhetische Veredlung der Geschlechtssympathie.

An einer andern Stelle läßt eben dieser Dichter eine seiner Heldinnen sagen: O mein Geliebter! Mögen dich die Götter vor dem Gedanken bewahren, tapfer zu seyn! Rette dich lieber mit schimpflicher Flucht, um dich für deine Geliebte zu erhalten!

Auch hier ist vollkommener Ausdruck eines heftigen Strebens vorhanden! Aber wornach? Nach Zusammenseyn! Nicht nach der Ueberzeugung von der Selbstzufriedenheit des Geliebten, die sich ohne Selbstwürde nicht denken läßt.

Eben so kann man oft gesellige Triebe durch feinen und reitzenden Ausdruck verschönern, ohne daß darum das Verschönerte Liebe sey! Hero erwartet, bey eben diesem Dichter, den Leander. Sie fragt ihre Amme: kommt er noch nicht bald; wird er noch nicht bald da seyn? Die Amme nickt mit dem Kopfe, aber nicht zum Zeichen der Bejahung; nein, sie ist eingeschlafen, die gleichgültige Vertraute; und dieser Contrast mit der ungeduldigen Hero hebt den Ausdruck der Wachsamkeit, den