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ausgeschickt mir 10 löwen zu holen, und du bringst nur einen. Du sollst deine strafe erhalten!“ Der löwe glaubt, der fuchs habe ihn betrogen, und flieht von neuem. Es ist nicht zu leugnen, dass die europäische wolfskopfgeschichte viel ähnlichkeit mit dieser erzählung hat. In beiden finden wir denselben grundgedanken: das schwächere tier (beachte den bock) verjagt das stärkere durch eine list und das erstere ist in beiden ein dem letzteren unbekanntes tier. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei der zusammensetzung der europäischen geschichte das orientalische märchen vom bock und löwen nachgebildet worden ist. Die fortsetzung des märchens, die zweite verjagung, ist nachträglich entstanden und offenbar aus dem märchen geschöpft, in dem die katze die tiere des waldes in die flucht jagt. Auch zu diesem gehört das herabfallen aus dem baume, obwohl das vom baum herunterstürzende tier ein bär ist.

Ein drittes beispiel gehört den wunder- oder zaubermärchen an.

Das sog. Fortunatus-märchen ist auch ein abendländisches, fast ausschliesslich in Europa anzutreffendes märchen. Ausser ganz allgemein im volksmunde kommt es in dem volksbuch von Fortunatus und seinen zaubergegenständen, welches wahrscheinlich um die mitte des 15. jahrhunderts entstanden ist, und in den Gesta Romanorum, die möglicherweise schon aus dem 13. jahrhundert stammen, vor. In der volkstümlichen form wird da von drei brüdern erzählt, deren jeder in den besitz eines wunderbaren zaubergegenstandes kommt: der eine erhält einen unentleerbaren geldbeutel, der zweite ein ein heer hervorbringendes horn und der dritte einen durch die luft führenden mantel. Der besitzer des geldbeutels wird mit einer königstochter bekannt, die ihm sowohl den geldbeutel als auch die ihm von den brüdern überlassenen anderen zaubergegenstände entwendet. Mit hilfe des zaubermantels gelingt es dem jungen das betrügerische mädchen weitweg auf eine einsame insel im meere zu entführen, aber das mädchen betrügt ihn auch hier, lässt ihn allein auf der insel zurück und kehrt mit dem mantel nachhause zurück. Der junge aber findet auf der insel wunderbare äpfel, von denen die einen dem, der sie isst, hörner an den kopf wachsen lassen, während die anderen diese wieder zum verschwinden bringen. Er geht als verkäufer

Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Beiträge zur frage nach dem verhältnis zwischen den morgen- und abendländischen märchen. Société Finno-ougrienne, Helsinki 1914, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SUST_MSFou_XXXV,_1.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)