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Lascara schwieg und bat nur um Absolution und den Segen. Dann erhob er sich und ging auf die Terrasse, um sich auf den Schloßplatz zu begeben.

Jeanneton und eine ihrer Freundinnen lehnten über die Mauer. Die reizende Angebetete des Spaniers bog sich weit hinab, um einem armen Gebrechlichen eine Gabe in den dargereichten Hut zu werfen. Lascara wollte seinen Entschluß nicht durch ein Gespräch mit dem Mädchen erschüttern und eilte die Stiegen hinab. Aber Zeugniß von der blitzschnell in ihm erwachten Leidenschaft gab der Blick, womit er aufwärts zur Seite blickte.

Sein Freund Le Clou saß schon, die lange Flinte über den Arm gelegt, zu Roß. Lascara’s Andalusier war ebenfalls fertig; einer der Jägerburschen, welcher mehrere Pferde hielt, machte sich ein Vergnügen daraus, das edle Thier mit einem Rohre zu reizen und in die Nasenlöcher zu stoßen.

Heinrich stand vor seinem Schimmel im Mittelpunkte der Gruppe und scherzte mit einem seiner ältesten Diener, welcher das Pferd hielt. Dennoch sah man ihm an, daß er in Folge seiner Unterredung mit dem Bischof ernst geworden war. Er warf einen, von dem Spanier aber dennoch bemerkten, rapiden Seitenblick auf den Verdächtigen und in diesem einen Blick malte sich die unergründliche Schlauheit, die instinktmäßige Verschlagenheit des großen Gascogners.

Couchez! sagte er zu einem herrlichen gefleckten Spaniol, welcher ihn umsprang, indeß die vierbeinigen Cameraden zusammengekoppelt wurden, oder sich wedelnd niederlegten, oder am Rande des Springbrunnens sich mit den Vorderbeinen festhielten, um einige Tropfen des silberhellen Wassers zu lecken.

Couchez!

Der alte David, der Lehrmeister der zierlichen Diana, schaute schmunzelnd, wie das Thier gleich einem vorzüglich geschulten Mousquetaire gehorchte. Diana hatte die Vorderfüße ausgestreckt, die feine Schnauze dazwischen gelegt; die Hinterfüße angezogen. Sein Blick zeigte die unbeschreibliche Liebe zu seinem Gebieter, die er, da er jetzt wichtigen Dienst hatte, kaum durch ein leises Wedeln mit dem Schwanze näher zu bezeugen wagte.

– Das ist ein wahres Herz von einem Hunde! sagte der alte Gascogner vom Pic du Midi.

– Oh, David, Du kennst noch lange nicht seine ganze Vortrefflichkeit! sagte Heinrich so laut, das Lascara, welcher an dem Gurte seines Pferdes schnallte, unwillkürlich aufschaute. Er besitzt eine Eigenschaft, die ihn für jeden meiner Herren Vettern, z. B. für den König von England, auch für Seine katholische Majestät in Madrid höchst unschätzbar machen würde.

– Das wäre?

– Der Hund bellt Niemand an, als einen Meuchelmörder! sagte Heinrich langsamer sprechend.

Dann drehte sich der König auf dem Absatze, gab der Diana ein Zeichen und ließ ihn nachspringen.

Caballero! rief der König mit frischem Ausdrucke. Ich sehe, Ihr begleitet uns.

– Ich glaubte, da ich vorgestern ein schmeichelhaftes Lob von Eurer Majestät erhielt . . .

– Verdient! Dieser Schuß auf den Keiler war in Wahrheit meisterhaft.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)