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Er zog jetzt das eine Pistol und feuerte es in die Luft; das zweite ebenfalls. Dann stieg er mit majestätischer, aber keinen Hauch von Zorn zeigender Miene ab und präsentirte Lascara das Pferd.

– Sitzen Sie auf! Und Gott segne und stärke die Schnelligkeit Ihres Thieres; Sie dürften dieselbe nothwendig haben. Sagen Sie aber Ihren Freunden, daß sie bei Christi Kreuz den Béarner Bären finden sollen, wenn sie noch einmal eine ähnliche Jagd auf Hindinnen anstellen lassen!

Lascara sagte kein Wort. Er setzte sich auf, gab seinem Rosse einen wüthenden Spornhieb und verschwand diesmal und für immer.

Bald kam Le Clou. Er nahm das Pistol auf und besah es mit ängstlicher Miene.

– Die Jagd ist aus. Wir werden ins nächste Dorf reiten und eine Messe oder etwas dergleichen hören . . . Wie viel Thiere sind gefallen?

– Mit diesem hier drei!

– Genug für unsere schönen Damen, und, denk’ ich, für die Saumthiere ebenfalls. Allons, Messires! rangirt Euch, wenn’s beliebt.

Statt der Messe wurde jedoch in dem nahen provençalischen Dorfe ein Banket aufgeführt, welches erst spät unterbrochen wurde, als von Gabrielen d’Estrées der Lieblingspage ankam, und staubbedeckt und schweißtriefend, in nicht geringer Bewegung dem Könige zu Füßen fiel.

– Ihr lebt, mein Herr und König! . . . rief der Knabe.

– Ja doch . . .

Es zeigte sich, daß Jeanneton in der Abwesenheit der Herren, von Seelenangst gefoltert, der Herrin gebeichtet hatte, was sie von dem Anschlage des Bischofs und seines spanischen Freundes wußte, daß das ganze Chateau La Tour in Aufregung und Allarm gesetzt und Luçon zu Fuße durch den Park entflohen sei.

Einer der Piquers ging sofort als Estafette ab, um die Damen zu beruhigen.

Dann folgte der Jagdzug langsam nach. Heinrich konnte jetzt schon über diese „Brigands“ herzhaft scherzen, während seine Begleiter wüthend knirschten. In heiterster Laune erreichte er das Schloß und ritt auf dem von dem mittelsten Schloßhofe linksab gelegenen Eingange ein; denn hier war der Flügel, wo Gabriele wohnte.

Sie erschien, sobald Heinrich den Fuß zur Erde gesetzt hatte. Er stand neben seinem müden Schimmel; die Pagen der Herrin fielen über ihn her, schnallten ihm das Seitengewehr ab und knöpften ihm die Stiefeletten und Stiefelmanschetten los.

– Unsere Dame hat uns Unserer Dame heute erhalten! rief er heiter, indeß er der schönen unter dem Portale herannahenden Geliebten einen unaussprechlichen Blick zuwarf, dann aber sich in ihre Arme stürzte.

Maltre Le Clou aber auf seinem Rappen ritt dicht vor die gewaltigen Sandsteinpfeiler, denn hinter der Herrin zeigte sich Jeanneton, ihm liebend entgegenblickend. Le Clou zog ehrerbietig den Hut.

– Gnädige Frau, sagte er zu Gabrielen, wollt Ihr, da wir des spanischen Schurken

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)