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Correggio uns zeigt, ist nicht denkbar. Licht und Schatten von höchster Höhe bis zu tiefster Tiefe stufen sich bei ihm ab, verschmelzen in einander, wechseln und geben den Figuren die täuschendste Rundung, gleichsam als habe dem Pinsel des Malers eine Zauberkraft inne gewohnt. Seine Auffassung, sein Geschmack ist stets ideal; die Behandlung im großen glänzenden Style und dabei von der eigenthümlichsten Leichtigkeit und Zartheit. Um jede Härte zu vermeiden, stand ihm die vollendete Kunst der Verkürzungen zu Gebote. Hieran schließt sich seine meisterhafte Perspektive, wodurch er mit vollkommenster Klarheit seine Gegenstände auseinanderhält und die Abstände durch die stufenweise Verfärbung seiner Licht- und Schattenmassen auf’s Genaueste bezeichnet. Im Nackten ist er wahrhaft einzig.

Das sind die Grundzüge, welche diesen Meister, „der den Sinn und das Gemüth des Betrachters ergötzen[WS 1] will“, auszeichnen.

Ueber sein Leben selbst fehlen, außer daß er, wie bemerkt, zu Correggio, einer Stadt in Modena, 1494 geboren und im Jahre 1534 gestorben ist, geradezu alle Nachrichten. Parma bewahrt seine meisten Werke, die später aufgezählt werden sollen.




Die Spitzenklöpplerin.
Von Slingeland.

Pieter von Slingeland, zu Leyden 1640 geboren, war einer von Dow’s Schülern. Was den Fleiß, die unermüdlichste Ausdauer bei der Ausführung seiner Gemälde betrifft, so kommt ihm darin keiner seiner Genossen und selbst der Lehrer nicht gleich. Weniger dagegen ist geistreiche Auffassung und Leichtigkeit der Behandlung, die bei aller minutiösen Genauigkeit den Dow, sammt Metzu und Mieris auszeichnen, eine Eigenschaft Slingelands; ja nicht selten erscheint sein Colorit, bei übrigens vortrefflicher Zeichnung, schwer und ohne Lustre und verräth die Arbeit, die Mühe des Malers. In seinen besten Stücken ist Slingeland jedoch bewundernswürdig, nicht allein durch die beispiellos genaue Ausführung, sondern auch durch vollkommenste Beleuchtung und eigenthümliche Klarheit der Färbung. Das berühmteste Werk Slingelands befindet sich im Louvre zu Paris; es ist das Meermannsche Familienbild, an welchem der Maler über drei Jahre unausgesetzt arbeitete. Wie bei allen Gemälden Slingelands, so ist auch hier die Anordnung höchst gemessen, die Haltung des Ganzen mehr verständig als warm, die Ausführung aber scheint fast wunderbar. Die Familie ist übrigens in einem reichgeschmückten Zimmer versammelt, indeß der Mohr eintritt, und einen Brief überreicht.

Das zweite Hauptwerk des Malers ist diese junge Spitzenklöpplerin. Es ist von vollendeter Reinheit, sowohl was Zeichnung als Färbung betrifft. Dies Bild hat der Maler offenbar mit großer Liebe gemalt. Der ungezwungene Adel in der Figur des jungen Mädchens, das Weiche in ihrer Erscheinung erreicht Slingeland in der Regel nicht in solchem Grade. Die meisterhaft wiedergegebene Ausführung bis in die letzte Ecke des Bildes hinein, kommt derjenigen des Meermannschen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ergößen
Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/199&oldid=- (Version vom 1.8.2018)