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– Ich habe die Eier gekauft; mir gehören sie! Ich hole den Herren einen Gulden, den ich dafür bezahlte, und mögen sie dann andere kaufen! O guter Gott! Welches Glück! Welches Wunder! Mir so das Geld zu bescheren, damit Pieter der Meinige wird.

Und das Mädchen rannte zur Stube hinaus. Die Maler sahen sich an und brachen wie auf’s Signal in ein langes Gelächter aus. Auch Schalken wurde heiter.

– Wollen doch sehen, was sie beginnt; murmelte er, indeß er ihr nacheilte.

In der Küche war Licht. Die Maler blickten neugierig durch’s Fenster.

Da saß die schöne Jantje vor ihrem mit einem großen Bunde Zwiebeln prangenden Tische, auf welchem die Thranlampe stand, den Korb noch fest auf dem Schooße haltend und mit glücklichem Lächeln ein Ei vor die Flamme haltend, in welchem sie schon jetzt das Goldstück zu erblicken meinte.

– Seht doch, Jungen! flüsterte Schalken mit seiner Baßstimme. Ist das nicht ein superbes Bild? Heda! sagte er, in die Küche tretend, komm, gutes Kind; bemühe Dich nicht, die Goldstücke sind ausgeflogen; aber, meiner Seel’, Dir sollen sie dennoch nicht fehlen.

Jantje aber wollte sich nicht von den Eiern trennen. Sie schlug sie eigenhändig mit zitternden Fingern und erwartungsvollem Blicke in die Schiedamer-Schale und brach, als selbst das letzte kein Gold zeigte, in helle Thränen aus.

– Ruhig! Setz’ Dich später noch einmal hin, wie eben! Ich male Dich und dann wartest Du acht Tage. Du wirst Dein Geld schon erhalten, dessen Du bedarfst. Hast Du, Mopskopf, vergessen, daß wir, wie Mieris sagt, Leute sind, deren Stunden jede drei Ducaten werth sind?

Schalken malte Jantje und gab ihr das Honorar für das Bild als Aussteuer, während der verschuldete Mieris ihr den Hochzeitsstaat und der sparsame Metzu ein Boot am Tage der Trauung schenkte.




Die büßende Magdalene.
Von Correggio.

Der Name Antonio Allegri’s, von seiner Vaterstadt Correggio genannt, bildet allein einen bedeutenden Abschnitt in der Geschichte der Kunst in ihrer höchsten Vollendung. Correggio ist eines der Genie’s, welche mit selbstständiger Schöpferkraft eine eigenthümliche Region in der Kunstwelt eröffneten und in ihren Werken ein weites Feld für das Studium des Kenners und Künstlers darbieten. Bei einem seiner folgenden Werke werden genauere Charakteristiken dieses glänzenden Meisters gegeben werden.

Seine büßende Magdalene erfüllt uns mit dem Gefühl der ungeheuren Mittel, worüber dieser Maler zu gebieten hat. Dies Bild ist der Inbegriff des Graziösen. Die Grazie, der unbeschreibliche Reiz, welchen Correggio’s Bilder durch die Stellungen und Bewegungen der Figuren, durch die meist immer unabsichtlich erscheinende Lieblichkeit des Ausdrucks derselben ausübt, ist die hervorragendste Eigenschaft dieses Künstlers. Eine größere Harmonie der Farben als sie

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/198&oldid=- (Version vom 1.8.2018)