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Stückes nahe. Die Beleuchtung, ohne den geringsten Anspruch auf Effect zu machen, ist durch ihre Klarheit und Richtigkeit von ungewöhnlichster Wirkung. Der Hahn giebt den Werken der besten Vogelmaler nichts nach und die Wahrheit in dem Kopfe der Alten ist so frappant, daß sie ein unwillkürliches Lächeln des Beifalls erregt. – Ein drittes Bild Slingelands, eine junge Frau mit einem Hündchen, das von einem Herrn geneckt wird, ist freier gezeichnet, als die Spitzenklöpplerin, steht diesem aber sonst bei weitem nach. Viel Aehnlichkeit ist zwischen Jakob van der Sluys und diesem Maler. Slingeland starb 1691.




Der Trompeter.
Von Franz von Mieris.

Es ist ein ziemlich unansehnliches Gebäude, welches wir betreten. Dasselbe stand auf dem Grund und Boden und unweit der alten Collegiengebäude der „ehrwürdigen“ Gesellschaft Jesu in Brüssel, deren Glieder, von Ath, Lille und Valenciennes nach und nach eingewandert, sich in Brabant festzunisten strebten.

Wir schlüpften durch die im Innern fest verschlossenen Thüren des Häuschens und gelangen in ein reich ausmeublirtes langes, schmales Gemach, mit vielen Seitenthüren versehen. Es befinden sich hier zwei Männer, ein alter und ein junger. Beide sind Geistliche.

Der ältere Mann hat ein sehr weites, pelzgefüttertes Priestergewand um die im Lehnstuhl schlaff zusammengesunkenen Glieder geschlagen. Er hat beide dürren Hände auf die Lehnenknöpfe des Sitzes gelegt, um seinen vorgebeugten Oberkörper zu unterstützen. Ein merkwürdiger Kopf. Die von einem Käppchen überragte Stirn zeigt höchste Intelligenz. Das wachsfarbene, blutlose Antlitz hat schöne, feine, fast verdächtige Züge. Das schwarze Auge ist klar und rein und von eigenthümlicher Schärfe im Blicke. Wenn der Priester sich bewegte, so daß sich sein schwarzseidener Pelz verschob, so sah man unter demselben etwas Violettes; der Greis war einer der höchsten Würdenträger der Kirche.

Das war seinem Namen gegenüber jedoch nur etwas ungemein Unbedeutendes. Dieser Name hieß Mazarini. Ja, dies war der fuchsgleiche Löwe, welcher aller seiner Feinde mächtig, der Herrscher Frankreichs, der Gemahl Anna’s von Oesterreich und einer der Männer war, welche, wie etwa Oliver Cromwell jenseit des Canals, die Geschichte des 17. Jahrhunderts machten.

Die Macht des Geistes dieses Italieners grenzte wahrlich ans Wunderbare. Mehrfach verbannt, feierlichst geächtet, kehrte er, obgleich wie bei Admiral Coligny unter Karl IX. das Parlament in Paris einen Preis von funfzigtausend Thalern auf seinen Kopf setzte, von Cöln am Rhein unangefochten als Sieger zurück und kam nur wo möglich zu noch größerem Ansehen. – Gegenwärtig, man schreibt 1659, bot der Cardinal Alles auf, um seine und Richelieu’s Schöpfung, ein großes Frankreich und die absolute Macht der Krone, auch nach seinem Tode hinaus für die kindliche Hand Louis XIV. zu sichern. Hatte dieser Mann damals bei seinem Aufenthalte in Belgien und Deutschland erkannt, daß das Niederland, durch Religion wie durch Sitten und Charakter

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)