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– Sehr wohl! erwiderte van Dyk übellaunig. Ich kenne diese Gesinnungen der Engländer nur zu wohl. Ich hätte eigentlich nie vergessen sollen, wie man mich hier in London zum ersten Male empfing, dann würde ich neue Kränkungen nicht zu beklagen haben. Ich mag nichts sehen, nichts hören, edler Herzog, es ist mir Alles zuwider; England und die Engländer besonders, und König Karl und sein Hof am allermeisten. Ich werde nach Antwerpen reisen, um mich dort wenigstens ruhig zu Tode langweilen zu können.

– Aber was verlangt Ihr denn, Meister? rief Buckingham heftig. Worüber beklagt Ihr Euch? Karl I. hat Euch, wie Ihr es verdient, mit Ehren überhäuft, dort liegt sein diamantengefaßtes Bildniß, welches er Euch schenkte; Ihr seid Ritter unsers besten Ordens, des Ordens vom Bade; über englische Knauserigkeit dürft Ihr doch wahrhaftig auch nicht jammern, denk ich!

– Nur nicht so ruhmredig! rief van Dyk sich rasch aufrichtend. Ich habe England mit den Werken meiner Hand einen ewigen Schatz überliefert; die Gemälde, welche ich hier schuf, zählen nach Hunderten. Ich habe, um kein Geschenk, sondern verdiente Belohnung empfangen zu haben, mich überarbeitet, bin elend, erschöpft geworden, mein Herzog von Buckingham . . . und doch konnte mich König Karl, als ich vor drei Wochen um Privat-Audienz ersuchte, mich unter nichtigem Vorwande abweisen, mir sagen lassen, mir, ich möge am andern Tage kommen, gleich als sei ich sein Diener und kein freier Künstler, der alle Könige der Welt entbehren kann . . .

– Mein Freund, rief jetzt Digby, jetzt, wo die republikanischen Puritaner, diese Rundköpfe, an dem Throne des Königs rütteln, wo die Gährung der Gemüther die unausgesetzteste Wachsamkeit des Königs erheischt, wo die Schotten sich zum Aufstande fertig machen, da solltest Du wohl entschuldigen, wenn das Wohl eines ganzen Reichs Deinen Angelegenheiten vorausgestellt wurde.

– Der König war krank und leidend; versicherte Buckingham. Und in Wahrheit weiß Euer großer Freund, Digby, sehr wohl, daß er sich über Niemand in der Welt, als über sich selbst beklagen kann. Er ist die einzige Ursache seiner häßlichen Laune, die ihm All’ und Jedes in den widerwärtigsten Farben zeigt . . .

– Ja, flüsterte van Dyk, wieder seine matte Haltung annehmend, ich sehe nur contrastirende Tinten . . . Grün und Hellroth, Hellblau und Grau, Schwarz und Braun . . .

– Gut, van Dyk! rief Buckingham. Ich freue mich, Sir, daß wir, Digby und ich, Euch auf unsern Punkt gebracht haben. Wir wollen gestehen, daß wir nur kamen, um Euch beichten zu lassen.

Van Dyk schüttelte fast betrübt den Kopf.

– Ja, Anton; sagte Digby, fast zärtlich van Dyks zarte Künstler-Hand ergreifend und sie kräftig schüttelnd. Der Herr Herzog sagt die Wahrheit. Wir sehen Dich, wie Du nur noch matt mit dem Strudel ringst, in welchen Du Dich stürztest, in diesen Schwall von Vergnügungen und sinnlichen Genüssen, in welchem Du sicherlich untergehen wirst, wenn Du Dich nicht energisch und auf der Stelle aufrichtest.

– Ah, meine Freunde, rief van Dyk, dessen gewöhnliche weichmüthige Stimmung wiederkehrte, laßt mich, laßt mich doch. Ich hab’ Alles satt, ich bin müde zu leben.

– Gott bewahre, Meister, lachte Buckingham, Ihr werdet erst zu leben beginnen, denn beim heiligen Kreuz, wir haben nichts Anderes im Sinne, als Euch zu – verheirathen. Euer

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/275&oldid=- (Version vom 1.8.2018)