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Hauses, regierte mit tyrannischem Scepter. Ihr Vater mußte sich ebenso wie die letzte Magd vor ihr beugen. Estrella war grausam wie ein türkischer Pascha, und neben dieser abscheulichen Eigenschaft behauptete sich keine der bessern Richtungen ihres Gemüthes. Im Hause des de Alheiras wurden täglich Executionen über die Dienenden verhängt; es war der größte Genuß für die „kleine Pantherin“, diesen Abpeitschungen zuzusehen. Sie schlug und zerkratzte ihre Mägde und fiel vor Zorn in tiefe Ohnmachten, wenn der Vater sich ihr entgegenstellen wollte. Kurz, die Legion von Teufeln war in bester Form wirklich vorhanden.

Oft wandte sich Rubens, wenn er einen neuen Zug von Grausamkeit hörte, empört von dem Mädchen ab . . . Aber ihn, ja ihn liebte die Spanierin; sie, die Herrscherin, gestand, sie wolle nichts als nur seine Sclavin sein. Er ward auf’s Neue gefesselt und – erduldete ohne Klage die Launen seiner allmächtigen Sclavin, die mit seinem Herzen wie mit ihrem prachtvollen Fächer spielte.

– Fang’ mir einen Affen! befahl Estrella, und Rubens mit dem unermüdlich ihm ergebenen Henarez machten sich auf und jagten Tage lang in den schluchtigen Felsen Gibraltars, um einen der sogenannten Hundsköpfe einzubringen. Kamen sie mit einer solchen Bestie im Triumph nach Hause, so hatte Estrella gewöhnlich einen Grund, um sich verachtend von der erbärmlichen Beute wegzuwenden.

– Ich habe noch keinen Delphin gesehen! meinte das Mädchen eines Tages. Rubens hielt es für nothwendig, sich Stundenlang auf einer Schebecke dem Sturme auszusetzen, um eines Thieres dieser Art vermöge seiner Harpune habhaft zu werden.

Dann kamen mildere, aber nicht weniger anstrengende Quälereien an die Reihe. Die Spanierin wollte Blumen sticken und Rubens entwarf unverdrossen zwei Tage lang Hunderte der herrlichsten Muster, ohne daß seine Tyrannin auch nur ein einziges mit Gnaden angesehen hätte. Wie Henarez vorausgesagt hatte, so ward’s wirklich. Rubens verzweifelte nicht selten; er wollte von diesem Mädchen entfliehen, der er seit dem ersten Tage noch um keinen Schritt näher gerückt war, und hatte doch die Kraft nicht.

Ein Brief aus den Niederlanden von der Infantin Isabelle, der Gemahlin des Erzherzogs Albrecht, traf ihn und rief ihn zurück. Seine Qual steigerte sich auf’s Höchste. Hier mußte ein Entschluß gefaßt werden. Er bestürmte Estrella mit aller Macht der Leidenschaft, um ihr das Geständniß zu entreißen: sie liebe ihn. Das Mädchen ließ sich nicht bewegen.

– Ach! Du liebst mich ja nicht, Pedro, wie kann ich für Dich empfinden! flüsterte sie endlich.

– Was willst Du zum Beweise meiner Liebe? Verlangst Du mein Blut, Tigerin?

– Du gehorchst mir nicht!

– Ah! ich schwöre es Dir! rief der „Herr“ der Frauenherzen.

– Unbedingt?

– Ja, Geliebte, ja!

– Warum lügst Du, mein Herr von Niederland?

– Tödte mich, aber sag’, daß Du mich liebst! rief der Maler, indeß er sie umschlang.

– Ach! ich liebe Dich, Pedro, erwiederte Estrella, aber gieb mir eine Probe Deiner Liebe, wie ich sie will, und ich folge Dir als meinem Herrn bis an’s Ende der Welt.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/343&oldid=- (Version vom 1.8.2018)