Seite:Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie.pdf/344

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sie erwehrte sich kaum der stürmischen Liebkosungen, womit ihr der Maler für dies Wort dankte, welches mit hinreißender Empfindung ausgesprochen wurde. Dann aber zeigte sich in ihrem Blicke etwas Fremdes, Wildes; ihre Augen wurden unstät. Fast zitternd streckte sie die Hand aus.

– Sieh, Pedro, den Teppich zu meinen Füßen! Du maltest ihn, damit ich darauf trete, auf dies Meisterwerk, welches zum Anschauen den Palast eines Königs zieren würde. Hörst Du mich? Es ist mir gleichgültig, dies Ding da . . .

Rubens starrte sie schweigend an.

– Zindi . . . Du kennst Zindi, diese Sclavin aus Tetuan, diese braune Hündin . . . Ich sage Dir aber, sie hat jenseits der Sahara einen Fußteppich gehabt, wie ihn die Imperatoren von Rom, wie ihn die ommajadischen Khalyfen, meine Väter, nicht prachtvoller besaßen.

– Und was für ein Teppich war dieser?

– Eine Löwenhaut! das Kleid des Königs der Einöden, mit den Zähnen, fest wie Diamanten, und den Krallen, unverwüstlich wie Damascenerstahl! rief Estrella, sich mit gerötheten Wangen aufrichtend, so daß ihr vor innerer Bewegung Thränen in die weitgeöffneten Augen traten.

– O, Geliebte, ich eile zum Hafen; eine Galeere von Fez liegt hier vor Anker und ich schwöre, Du hast in drei Tagen, was du verlangst, und sollte ich diesen Afrikanern für ihre Jagd tausend Piaster bezahlen.

Estrella schwieg unverbrüchlich.

– Bezahlen? murmelte sie und verließ rasch das Gemach. Der Niederländer besann sich . . . Dann ging er zu Henarez.

– Willst du eine Jagd auf Löwen mit mir machen?

Henarez lachte auf seine Weise.

– Senora Estrella ist sehr erfinderisch; sagte er, aber Du, Freund, wirst doch auf ihren Wahnsinn nicht eingehen?

– Ich will’s allerdings . . . Und begleitest Du mich nicht, so setze ich allein hinüber nach Afrika . . .

– Dann würde die Welt bald einen großen Maler weniger haben! Wofür hältst Du mich, Excellenza? Aber, zum Teufel, das Spiel ist nicht so leicht, wie Du denkst . . .

De Alheiras erhielt nicht so bald Kenntniß von dem Vorhaben der Freunde, als er sich erbot, ebenfalls mit ihnen das Wagstück zu bestehen. Und wenn ich auch sterbe! sagte er. Dann wenigstens möchte dies Mädchen vernünftig werden. Am andern Morgen schifften sich diese drei Menschen sammt dem Diener des Henarez ein. Estrella ließ sich nicht blicken. An der jenseitigen Küste angekommen begab sich de Alheiras zu dem Häuptlinge des Küstenstrichs Zabdally, mit welchem er befreundet und, wie der Afrikaner behauptete, von den Vätern her verwandt war. Zabdally gab de Alheiras sein schönstes Pferd, einen Schimmel „el Djilderun“, das heißt, der Blitz genannt, versah die andern Jäger mit nicht weniger vorzüglichen Thieren, mit langen Lanzen und Wurfspießen und Schildern, und machte sich, mit der unerschütterlichsten Kaltblütigkeit an die Spitze

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/344&oldid=- (Version vom 1.8.2018)