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Als Estrella diesen Ausgang erfuhr, betheuerte sie mit aller Leidenschaftlichkeit ihres unbändigen Gemüthes dem Maler ihre Liebe, ging aber noch in derselben Nacht nach Cordova zu ihrer Tante ins Kloster.

Rubens eilte aus Spanien nach den Niederlanden, wo er durch den Erzherzog Albrecht und durch die Liebe zu der schönen Isabella Brant getröstet wurde, mit welcher er sich 1609 vermählte.




Die ruhende Heerde.
Von J. H. Roos.

Unter den Malern deutschen Ursprungs, welche den Glanz der holländischen Malerschule erhöhen, nimmt Johann Heinrich Roos aus Ottendorf in der Pfalz eine bedeutende Stelle ein. Wie K. Netscher, so kam dieser Meister, der Sohn eines unbemittelten deutschen Malers, schon 1640, kaum neun Jahre alt, nach Amsterdam. Die seltenen Talente des Knaben empfahlen ihn dem Historienmaler Du Jardin; er lernte hier, wo seiner ihm innewohnenden Richtung Zwang angethan wurde, jedoch nur wenig. Freier durfte er sich bei seinen folgenden Lehrern, den Malern Graat und namentlich bei Adrian de Bye bewegen.

Hier zeigte es sich bald, daß die paradiesischen Gegenden der Pfalz einen nie verwischbaren Eindruck auf des Kindes Herz gemacht hatten. Eine Landschaft, welche er aus dem Gedächtnisse malte, entzückte durch ihre Vortrefflichkeit de Bye so sehr, daß er entschied: in diesem und keinem andern Genre werde der Jüngling das Höchste leisten, dessen er fähig sei. Roos warf sich, bevor er geldgierig wurde, und durch zahllose Portraits meist von hochgestellten Personen Reichthümer aufzuhäufen begann, ausschließlich auf Landschaftsmalerei. Was seinen Landschaften außer der darin liegenden Grazie einen besondern Werth verlieh, das war die herrlich gearbeitete Staffage von Thieren, meist Schaf-, Kuh- und Ziegenheerden mit ihren Hirten. Dies Talent des Malers ward um so mehr bewundert, als es damals fast Mode war, daß die Landschafter ihre Gemälde durch Andere staffiren ließen.

Dasjenige, was aus jedem der Landschaftsbilder des Roos spricht und uns fesselt, ist ein poetisch geläuterter, höchst zarter und sinniger Geschmack; eine Harmonie der Gegend mit der Staffage, welche beides zu einem Gusse in höchster Zwanglosigkeit verbindet, und eine wechselnde, eigenthümlich gefällige Gruppirung seiner Thierheerden. In seinen Bildern herrscht weder Phlegma noch die passive Beschaulichkeit, welche sehr viele holländische Landschaften charakterisiren. Hier ist immer Leben und in der Grenze des Schönen gehaltene Bewegung. Aehnlichkeiten dieses Meisters wären etwa mit Nicolaus Berghem nachzuweisen; nur vermeidet Roos die Contraste in der Composition, welche jener oft anwendet; das Colorit von Berghem ist wärmer, blühender, das von Roos kälter aber klarer und verständlicher. Berghem, ebenfalls ein ausgezeichneter Thiermaler, zeichnet die Thiere mit fast ängstlicher Correctheit.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/350&oldid=- (Version vom 1.8.2018)