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auf Marsillac’s Fahrzeuge nach Havre de Grace einschiffen. Er ist Cavalier bei „unserer“ Gesandtschaft im Haag gewesen . . . Merkst Du jetzt, wie die Sachen stehen?

Der Kellner merkte zwar Nichts, aber er war eben durch das Gesicht, welches de Cobrion machte, so sehr von dessen Wichtigkeit überführt, daß er ohne die geringste Einwendung lief, und eine Flasche guten Rheinweins holte, als der Chevalier den Befehl dazu gab.

Mit dieser Flasche Wein bewaffnet, sah Cobrion noch viel unternehmender aus als sonst. Er war nicht mehr sehr jung, ebenfalls auch nicht sehr schön; aber die Körperhaltung und das Auge, wie jener verwachsene französische Baron sagte, der namentlich im ersten Punkte groß war, die Körperhaltung und das Auge machen den Cavalier. Der Anstand Cobrions aber war jedenfalls distinguirt und sein Auge, obgleich des Jugendfeuers entbehrend, konnte doch immer noch wegen seiner Größe und Schwärze schön genannt werden.

Als er in die kleine Stube trat, wo die beiden andern Franzosen sich befanden, erhoben sich diese unwillkürlich und machten dem „Defecten“ ihr Compliment. Der Marinecapitain, ein untersetzter, schöner Mann von etwa dreißig Jahren, und der Marquis, ein Herr von dreiundzwanzig Jahren, mit himmelblauen Augen, nur leicht gepudertem Schwarzhaar, mit einer Taille vom reinsten Wasser und pariser Hoffüßchen, diese beiden Männer waren allerdings würdigere Repräsentanten des französischen Adels, als Sire César.

Dieser stellte sich ihnen in aller Form vor und erntete für diese Bemühung von dem Capitain ein sardonisches Lächeln, von dem Gesandtschaftssecretair ein merkwürdig verlängertes Gesicht. Der letztere musterte seinen Mann mit sinnender Miene und sagte dann gedehnt:

– Cobrion also!

– Ah, rief dieser, welcher ihn gespannt beobachtete, Sie erinnern sich meiner . . . Ich schmeichelte mir, daß Ihr eminentes Gedächtniß Sie nicht verlassen würde, auch wenn Sie einen Hülfsbedürftigen vor sich sehen . . . – Parbleu, Fontanges, wer ist denn dieser Herr eigentlich? sagte der Capitain ungeduldig.

– Der Liebling und getreueste Diener Ihrer Allmächtigkeit von Frankreich, der Dame de Maintenon . . . sagte Fontanges. Aber das ist gerade das Räthsel: wie kommt der Protégé einer solchen Göttin in eine solche Lage, sich hülfsbedürftig zu nennen und so zu sagen, indirect Unsersgleichen anzubetteln?

– Ich bettle nie, Marquis! rief Cobrion sich aufrichtend und zur Beglaubigung seiner Zahlfähigkeit auf die kühn errungene Flasche Wein zeigend. Aber ich, ein Hugenott, bin durch die Aufhebung des Edicts von Nantes getroffen und gleich Tausenden meiner Glaubensgenossen irre auch ich heimathlos in fremdem Lande.

– Bah! lachte Fontanges. Ihr und ein Hugenott? Cobrion, wir haben gehört, es sei nachträglich ans Licht gekommen, daß Ihr einem gewissen Saint Croix und einer gewissen Madonna de Brinvilliers, giftmischerischen Andenkens nicht unbekannt waret . . .

– Marquis, sagte Cobrion endlich mit schnarrender Stimme, jede Silbe langsam und deutlich aussprechend, hüten Sie sich, daß sich Ihr ergebenster Diener nicht auch an verschiedene höchst interessante Dinge erinnert. Sie sind Busenfreunde, Cavaliere, und ich brauche daher die

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/357&oldid=- (Version vom 1.8.2018)