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Die Wildprethändlerin.
Von Gabriel Metzu.

Dies äußerst delicat gezeichnete und ausgeführte Bild ist das Seitenstück zu dem „Wildprethändler“ von demselben Maler. Die Bilder dürften an künstlerischem Werthe einander so gleich sein, daß es schwer werden würde, zu Gunsten des einen einen Vorzug nachzuweisen. Doch wollen wir bemerken, daß der Kopf der Wildprethändlerin an sprechendem, naturgemäßem Ausdrucke denjenigen des Wildprethändlers sichtlich übertrifft, wogegen aber das Gesicht und das Haupt des letzteren wiederum wirksamer erscheint. Die kaufenden Damen auf beiden Gemälden, ächt holländische Schönheiten, zeigen sehr wenig von dem Geiste, der sonst die Figuren des Meisters belebt. Einen Humor, wie ihn Metzu liebt, finden wir auf diesem Gemälde in dem einfältigen Diener der Dame, welcher bereits das Waidmesser zum Abstreifen des Hasen zieht, wodurch die Händlerin bewogen wird, das Thier noch nicht zuzuschlagen, sondern einen höhern Preis zu verlangen. Diese humoristischen Züge sind bei dem sanften Metzu so schüchtern und wenig in die Augen fallend angebracht, daß sie eben so leicht übersehen, als gesehen werden können. Die Umgebung ist hier einfacher als auf dem Bilde des „Wildprethändler“, übrigens fast genau so arrangirt. Malerei und Ausführung beider Stücke sind höchst vortrefflich.




Die Fähre.
Von Nicolaus Berghem.

Jan van Goyen, oder Göeyn, im Haag 1566 gestorben, war der Lehrer Nicolaus Berghem’s. Der Ruf des Goyen war zu einer Zeit so hoch gestiegen, daß man seine Werke denen J. van Ruisdael’s an die Seite stellte, obgleich Goyen in seiner Composition sich fast immer wiederholte und nur in der, in seinen Bildern meist mehr als in denjenigen von Ruisdael hervortretenden, Staffage mit dem großen Dichter von Landschaften sich messen könnte.

Nicolaus Berghem erreichte seinen Meister in der warmen, höchst naturgetreuen Farbengebung, überflügelte ihn aber durch eine reiche Phantasie. Seine Landschaften sind, obwohl höchst naturwahr, nichts weniger als der Natur abgeschrieben, sondern nach gefälligen und wirksamen Ideen angeordnet. In seiner Landschaftscomposition vermeidet Berghem jedoch fast stets die großen Contraste des Bodens sowohl als der Beleuchtung, und richtet sein Streben darauf, durch Zusammenstellung des Gleichartigen einen harmonischen Eindruck bei dem Beschauer hervorzubringen. Daher haben Nicolaus Berghem’s Gemälde einen Anstrich von Classischem, von klarer, kräftiger Ruhe, was namentlich bei den von ihm radirten und gestochenen Blättern überraschend hervortritt.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/494&oldid=- (Version vom 1.8.2018)