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würde ich ihn doch entzückend nennen. Ich weiß, daß Sie, will mir doch das Glück wohl, mich hier zuweilen sehen werden, denn es ist gewiß, dies hier wird von nun an das unabänderliche Ziel meines täglichen Spazierrittes werden.

Der Ton, in welchem Albala dies sagte, war so eigenthümlich, daß Diana den Spanier fragend anblickte. Er aber drückte seine hohe, mit Federn gezierte Pelzmütze in die Augen, setzte seinem Rosse die Sporen ein und flog pfeilschnell von dannen.

Von diesem Tage an hatte d’Albala keine Ruhe mehr auf seinem Schlosse. Er ritt täglich nach Diana’s Ruheplatze, und hatte die unaussprechliche Freude, seiner schönen Nachbarin mehr als ein Mal zu begegnen. Es ward Regel, daß der Marquis allemal mit ihr verabredete, wann die nächste Zusammenkunft sein werde, und diese war noch nie über zwei Tage hinausgeschoben worden. Albala war glücklich, denn mit einer Gluth, die er nie in seinem Herzen zu tragen geglaubt hatte, flammte in ihm eine täglich mächtiger und unwiderstehlicher werdende Liebe auf. Diana war in gewissem Sinne noch glücklicher als Albala, denn sie empfand nicht die Qualen des Zweifels und der Furcht vor einem drohenden Misgeschicke, wie sie die Brust d’Albala’s bewegten, sondern überließ sich mit der ganzen Hingebung der Jugend der Freude, glänzende Kleider zu tragen und ein herrliches Roß zu tummeln, daß sie von d’Albala zum Geschenk empfangen hatte, und dem reinen und ihr so ganz neuen Genusse, welchen ihr der Umgang mit einem höchst gebildeten Manne gewährte, dessen einziges Streben war, Diana zu gefallen.

Mit einem Male jedoch erwachte Diana aus dem angenehmen Traume, der sie umfangen hatte, und Bestürzung und Ratlosigkeit bemächtigten sich ihrer. Sie empfing diese Zeilen von Albala’s Hand:

„Geliebte Diana!

Am ersten Tage, als ich Sie erblickte, nannten Sie mich glücklich, obgleich ich in jener unvergeßlichen Stunde mehr als je die niederdrückende Gewißheit hatte, daß mein Leben traurig, öde und freudenleer sei. Meine Ahnung hat sich verwirklicht, daß Sie, Diana, es sein würden, welche mir meine unerträgliche Lage doppelt fühlbar machen würden. Viel habe ich in dieser kurzen Zeit unsrer Bekanntschaft gelitten, so viel, daß ich unfähig bin, mein bisheriges Schweigen zu bewahren. Offen gestehe ich Ihnen das, was so oft sich in leisen Hindeutungen über meine Lippen drängte, ohne daß Sie es je versucht hätten, meine Worte in meinem Sinne zu deuten. Ich liebe Sie, Diana, und urtheilen Sie von der Stärke meiner Empfindungen daraus, daß ich den Muth habe, dieselben auszusprechen. Ich bin mehr als noch einmal so alt als Sie, und mit Ihrer reizenden Schönheit verglichen, bin ich nur noch eine unfreundliche Ruine. Aber ich weiß auch, daß sicherlich Niemand mehr Sie und die leiseste Bewegung versteht, welche durch Ihr Inneres zittert, als ich, daß Niemand so völlig sein ganzes Wesen Ihnen hingeben kann, als Derjenige, den man kalt und unbeugsam nennt. Ich weiß, daß ich, wie vielleicht der Schönste und Würdigste, reich genug an Geist und Herz bin, um ihnen das ungetrübte Glück des Lebens bereiten zu können. Ja, wenn Sie wollen! Können Sie sich entschließen, Ihrem bisherigen, väterlichen Freunde näher anzugehören? Können Sie meine Gattin werden? Sie sollen das Wort, das Sie an mich bindet, nie, nie bereuen . . . Ich hoffe, und doch bemächtigt sich meiner eine unsägliche

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 497. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/514&oldid=- (Version vom 1.8.2018)