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– Ah, Madame, wenn das auch Wahrheit wäre, seufzte der Maler, indeß er ihre kleinen Hände preßte, was hülfe es mir, da ich für Niemanden als für Sie Liebe hege und hegen werde?

– Scherzen Sie nicht, Antoine! Ich bin eine alte Frau mit einem Kinde von fünf Jahren . . .

– Madame, die Venus ist auch Mutter . . .

– Ah, Watteau, Sie werden empfindsam und dann sind Sie unausstehlich! sagte Madame de Saint Foix übellaunig.

Sie besaß nämlich die den Damen aller Zeiten anklebende Schwäche, sich durch das Anzetteln von Liebesintriguen zwischen Andern dafür zu entschädigen, daß sie selbst als Hauptperson an dergleichen Unterhaltungen keinen Antheil nehmen durfte.

– Sehen Sie, da kommt die Italienerin! fuhr die Frau besänftigter fort. Ist sie nicht reizend, göttlich? Und dies Mädchen liebt Sie . . . . Sehen Sie, wie kalt Theodor de la Boulaye von ihr empfangen und zu der Bresson zurückgewiesen wird, die gleich einem Haifische ihre Beute in Empfang nimmt? Bemerken Sie diesen verwirrten Blick, welchen Signora Maria auf Sie richtet . . . Da ist sie . . . Sie wissen genug . . .

Der Maler erhob sich und machte eine sehr steife Verbeugung. Madame de Saint Foix flüsterte der Sängerin einige Worte in’s Ohr . . . Die Chiarini stutzte; dann aber ward sie sehr aufgeräumt.

Bon! lispelte sie, Watteau die Hand reichend. Ich nehme mein Wort nicht wieder zurück . . . Herr Watteau, ich bringe Ihnen meine Huldigung dar . . . Bemerken Sie aber wohl, daß ich nicht besiegt wurde, sondern freiwillig als Siegerin vor Ihnen stehe.

– Ach, meine Dame! murmelte Watteau, der sich in diese neue Situation durchaus nicht finden zu können schien.

– Sie scheinen sehr unglücklich! sprach die Chiarini mit einem ziemlich verachtenden Seitenblicke auf den Fassungslosen.

– Ach ja! stammelte dieser, kaum wissend, was er sagte.

– Tropf! flüsterte die Italienerin, die schönen Lippen aufwerfend. Geben Sie mir Ihren Arm, mein Herr, und gehen Sie mit mir durch die Säle und vergessen Sie nicht, mich Ihren Freunden und namentlich dieser Jahrmarkts-Marquise als Ihre Verlobte vorzustellen.

– Ja, ja!

Watteau gehorchte und machte in der Gesellschaft die Runde. Die Chiarini triumphirte und der Maler sah bei diesem unerwarteten Ereignisse aus wie ein Leichendiener. Die La Bresson schien sich aufrichtig über diese Neuigkeit zu freuen; Theodor de la Boulaye aber, der neben ihrem Stuhle stand, ward bleich wie ein Gespenst.

– Andere Menschen können sich auch verloben, wenn Sie erlauben! murmelte die Chiarini.

– Dem Teufel habe ich erlaubt, sich zu verloben, aber nicht Ihnen, Madmoiselle! sagte der sehr leidenschaftliche Marquis. Signora Maria, wollen Sie jetzt noch in diesem Augenblicke ein einziges Wort hören?

– Ich weiß nicht, was Sie wollen können, erwiderte die Sängerin. Vermuthlich aber

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 530. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/547&oldid=- (Version vom 1.8.2018)