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Als Mensch war er liebenswürdig, heiter, von strengen Sitten, seinem Wahlspruch gemäß: Sempre vogli quel che tu debbi; oder: Immer wolle, was du sollst. Als Künstler blieb dieser herrliche Genius in seiner eignen Meinung bis an sein Ende ein Stümper, ein Schüler, der nichts schaffen konnte, was der wahren Idee der Kunst angemessen sei. Es ist sehr oft nach da Vinci gestochen; sein Leben ward von Brown beschrieben, und sein erwähnter „Trattato“ etc. und seine Bilder haben oft Kunstphilosophen und Kritikern Stoff zu Entwickelung ihrer Theorien gegeben, wie dem Amoretti u. A. Nachahmer hat Leonarda viele; unter seinen Schülern darf Bernardo Luini den Rang behaupten. Zu jeder Zeit bewundert, ist Leonardo nie übertroffen worden.




Magdalena.
Von Girolamo Battoni.

Girolamo Pompejo Battoni oder Batoni erscheint uns in einer Zeit des tiefsten Verfalls italienischer Kunst als der letzte Epigone der großen Meister. Er ward zu Lucca 1708 geboren und beschloß, neunundsiebzig Jahr alt, sein Leben in Rom. Weniger seinen allerdings vortrefflichen Lehrern Masucci und S. Canca, als dem Studium der Natur und der Werke Raphaels von Urbino mit ihrer ewigen Schönheit verdankt Battoni die glänzenden Erfolge, welche er errang und den Ruf des größten Malers seiner Zeit, den er in Rom über dreißig Jahre lang behauptete. Battoni begann seine Laufbahn unter sehr trüben Umständen, die ihn der Bildnißmalerei zuführten, worin er sich aber durch Correctheit der Zeichnung, graziöse Anordnung, charakteristische Auffassung und ein Colorit Ruf erwarb, das zwar nicht den harmonischen Schmelz und die Lebenswärme der alten, großen Farbenzauberer besaß, indeß durch Lebhaftigkeit und eine gewisse Kräftigkeit anzog. Nachdem er bereits eine große Menge Portraits gemalt hatte, öffnete sich für ihn durch die von ihm erworbenen Gönner ein höherer Weg in der Kunst. Er malte Madonnen und Heilige für Kirchen und Klöster, und stellte bald heilige Familien und biblische Stoffe dar, denen er in Anordnung und Auffassung immer etwas Neues zu verleihen wußte. Ein berühmtes Bild wird aus dieser seiner ersten bedeutenden Periode genannt: Simon der Zauberer im Tempel vor den Aposteln, welches Stück man würdig genug hielt, um nach demselben im Petersdome eine Mosaik anfertigen zu lassen, was jedoch nicht zu Stande kam. Bald sah Battoni Fürsten und vornehme Adelige bei sich Bestellungen machen; namentlich nach Petersburg an den Hof der Kaiserin Katharina gingen mehre höchst bedeutende Bilder, so der Centaur Chiron, wie er den Achilles seiner Mutter Thetis zurückgiebt u. s. w. Auch das von allen vier Welttheilen angebetete heilige Herz Jesu, nach Lissabon für die Königin gearbeitet, und der Plafond für die Gallerie Colonna verdienen hier genannt zu werden.

Es dürfte aber kein Werk Battoni’s allgemeiner bekannt geworden sein, als die büßende Magdalena, in einer Felsenschlucht hingestreckt, wie sie, einen Todtenkopf neben sich, in schwärmerischer

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 737. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/754&oldid=- (Version vom 1.8.2018)