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Familie, im Styl des Raphael Sanzio gehalten, sorgfältig, fast ängstlich genau gezeichnet, aber von geringem innerlichen Leben. Die Jungfrau Maria malte er nach einem schönen, jungen Mädchen, welches Margaretha Quagi hieß, verliebte sich in dasselbe und trat zur katholischen Kirche über, um seine Braut heirathen zu können.

Als er bald darauf wieder nach Dresden kam, malte er für die katholische Hofkirche das berühmte Altarblatt, die Himmelfahrt Maria darstellend. Es ward von ihm jedoch erst zwölf Jahre später, und zwar in Spanien, vollendet. Nach Rom zurückgekehrt, übernahm Mengs, dessen Ruf damals schon ein sehr bedeutender war, die Direction der neuerrichteten capitolinischen Malerakademie, und malte in San-Eusebio für die Cölestinermönche eine schöne Decke, dann in der Villa Albani ein Deckengemälde und viele Oelbilder, als eine heilige Familie, Cleopatra zu den Füßen Cäsars, eine Magdalena in ganzer Figur u. s. w. Auch schrieb er eine Abhandlung über die Schönheit, und Betrachtungen über die drei großen Meister der Kunst: Raphael, Tizian und Correggio. Ein Engländer, D. Webb, ward an diesem Manuscript zum Plagiarius und machte großes Aufsehen mit Mengs’ Gedanken, die indeß von den Freunden des Malers, Winkelmann und dem Ritter Azara, sofort als sein Eigenthum in Anspruch genommen wurden.

Im Jahre 1761 ward der Meister vom König Karl III. nach Spanien berufen, wo er eine Reihe großer Arbeiten ausführte, unter denen eine Kreuzabnahme und eine Götterversammlung die hervorragendsten sind. Durch Kabalen ehrsüchtiger Nebenbuhler und Gegner verleidete man ihm indeß den Aufenthalt in Madrid und er ging wieder nach Rom, wo er im Vatikan ein großes, allegorisches Deckengemälde schuf. Mengs verweilte drei Jahre in seiner Lieblingsstadt, machte dann eine zweite Reise nach Madrid, wo er den Plafond des königlichen Speisesaales durch eine Darstellung der Vergötterung Trajans und des Ruhmestempels schmückte. Diese in kurzer Zeit vollendete Arbeit, wozu noch ein Deckengemälde im Theatersaale zu Aranjuez kommt, erschöpfte die Körperkräfte des Malers, der sich 1776 wieder nach Rom begab, wo er, ganz niedergebeugt durch den Tod seiner Gattin, am 29. Juni 1779 starb. Er besaß zwanzig Kinder, wovon ihn sieben überlebten.

Als Mensch war Mengs höchst ausgezeichnet; seine mildthätige Freigebigkeit war fürstlich, und strebsame junge Künstler fanden an ihm immer eine Stütze. Er starb arm, da seine feine Lebensweise, seine Reisen, die ausgezeichnete Erziehung seiner Kinder und seine kostbaren Kunstsammlungen seinen großen Verdienst hinweggenommen hatten.

Composition und Gruppirung sind bei Mengs einfach, oft höchst edel, aber auch gesucht und von dürftiger Erfindung. Ein ausgezeichneter Geschmack ist dem Künstler nicht abzusprechen, und das Colorit ist sauber und lebhaft, obgleich er sein großes Vorbild, Tizian, darin nie erreichte. Die vollendete Reinheit der nach der Antike gebildeten Form ist zu bewundern, doch zeigen eben deshalb viele seiner Figuren etwas Statuenartiges und lassen meist den Beschauer kalt, statt ihn hinzureißen. Sein Beispiel und seine Schriften, welche italienisch verfaßt wurden, richteten die Blicke der Künstler auf die Antike und die großen Meister und mitbegründeten einen kritischen Geschmack, aus welchem später schöne Keime für die sich der Natur selbständig wieder zuwendende Kunst erblühten. Große Schüler bildete Mengs nicht; keiner derselben kam ihm auch nur nahe. Zwei seiner Töchter haben ganz artige Stücke gemalt, namentlich Maria Anna. Seine

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 744. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/761&oldid=- (Version vom 1.8.2018)