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Walther Kabel: Sterbende Gewässer. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 8, S. 215–219

Sterbende Gewässer. – Unter diesem ungewöhnlichen Titel wurde unlängst in einer Fachzeitung ein Thema ausführlich behandelt, das auch für die Allgemeinheit in seinen Hauptgedanken von Interesse sein dürfte.

Wie es einen toten Boden gibt, auf dem nichts, kein Grashalm, kein Strauch, kein Baum mehr gedeiht, so gibt es auch totes Wasser. Die Quelle eines Baches ist chemisch ziemlich rein. Am reinsten ist das Wasser, das durch unterirdische Kieslager geflossen ist. Als erste Beimischung erhält das Wasser dann an der Erdoberfläche die Luft und speziell aus dieser den Sauerstoff. Erst nachdem das Wasser einen bestimmten Gehalt an Sauerstoff besitzt, vermag es Lebewesen zu erhalten, da alles Lebende Sauerstoff gebraucht.

Nachdem das Wasser eine kurze Strecke geflossen ist, wird man schon eine Menge kleiner Lebewesen in ihm wahrnehmen. Sehen wir genauer zu, so finden wir außer den nur mit dem Mikroskop wahrnehmbaren Wassertierchen bereits kleine Fischchen, die flinke Elritze und auch die Schmerle. Die Ufer des Baches sind eingefaßt mit hell- und dunkelgrünen Wasserpflanzen, die von beiden Seiten sich bis ins Wasser hineinerstrecken und nur eine mehr oder weniger breite Rinne freilassen. In mancherlei Windungen, die stille Buchten schaffen, bestanden mit Erlen und anderem Buschwerk, das sein Wurzelnetz weit ins Bachbett hineinsendet, fließt das Bächlein murmelnd dahin. Wir hören mit Freude sein Plätschern, eine schimmernde Forelle macht einen Sprung dem Licht entgegen oder um ein Insekt zu erhaschen. Hier ist das Wasser gesund, hier

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Walther Kabel: Sterbende Gewässer. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 8, S. 215–219. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sterbende_Gew%C3%A4sser.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)