Seite:Strafhaus-Ordnung 1893 Luzern ZentralGut 993983580105505.pdf/10

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60.

Die zu Arbeitshausstrafe Verurteilten werden dem Grundsatze nach – außerordentliche Fälle vorbehalten – abgesondert von den Kriminalsträflingen verwahrt und beschäftigt; sie tragen uniforme, blaue Kleidung.

61.

Die Gefängnisstrafe besteht in folgendem:
a. der Verurteilte wird in den Einzelzellen der Strafanstalt oder des Zentralgefängnisses eingeschlossen;
b. insofern er die Kosten zu bestreiten vermag, so steht ihm frei, eine angemessene jedoch mäßige Nahrung (Aufseherkost) zu beziehen; sonst erhält er die gewöhnliche Gefangenkost;
c. er trägt seine eigene Kleidung, erhält aber, wenn nötig, von der Anstalt saubere Wäsche;
d. er kann sich mit zulässigen Arbeiten beschäftigen;
e. falls die Strafe durch Fasten verschärft ist, erhält der Sträfling neben frischem Trinkwasser täglich ½ Kilo Brot und jeden zweiten Tag mittag eine warme Suppe.

62.

Der zu einer Freiheitsstrafe Ver urteilte hat die Kosten seines Unterhaltes während der Strafdauer aus eigenen Mitteln zu bestreiten, wenn er Vermögen besitzt und die Leistung geschehen kann, ohne seiner Familie das Nötige zu entziehen.
Die Berechnung geschieht regelmäßig in der Weise, daß von den durchschnittlichen Tagestosten laut letzter Jahresrechnung, mit Zuschlag des Gebäude- und Inventarzinses und allfälliger besonderer Ausgaben wegen Krankheit 2c., der individuelle Arbeitsverdienst des betreffenden Gefangenen in Abzug gebracht wird.
Gegen diese Berechnung ist Rekurs an den Regierungsrat gestattet.

63.

Bei den Freiheitsstrafen wird ein Tag zu vierundzwanzig Stunden, eine Woche zu sieben Tagen, ein Monat zu dreißig Tagen, ein Jahr aber nach dem Kalender und die Strafzeit vom Tage des Eintritte in den Strafort gerechnet (§ 14 des Kt.-St.-G.).
Durch die ohne eigenes Verschulden nötig gewordene Versetzung in eine Heilanstalt wird die Strafe nicht unterbrochen, dagegen zählt eine neuerliche Untersuchungshaft nur dann als Strafzeit, wenn es sich nicht um ein neues, erst abzuurteilendes Verbrechen handelt.
Eintritts- und Austrittstag werden zusammen als ein Straftag gerechnet. Der Austritt erfolgt regelmäßig am Morgen des letzten Straftages.
Fällt der letzte Hafttag mit einem Sonntag oder gebotenen Feiertag zusammen, so erfolgt die Entlassung an dem vorgehenden Tag; ist auch dieser ein Feiertag, am nächstfolgenden Werktag.

64.

Die Direktion darf niemanden in die Strafanstalt aufnehmen, wenn nicht ein schriftlicher Auftrag der Justizdirektion ihr zu Handen gestellt wird. Diesen schriftlichen Auftrag hat sie sorgfältig aufzubewahren.
Untersuchungsgefangene dürfen ebenfalls nur auf Grund eines schriftlichen Befehls des Justizdepartements zum Verhör abgeholt oder aus der Anstalt versetzt werden.

65.

Die Direktion läßt den eingetretenen Sträfling, wenn es eine Mannsperson ist, durch einen Aufseher, wenn es eine Weibsperson ist, durch die Obermeisterin genau untersuchen, um ihm seine Habseligkeiten (wie Geld, Utensilien und Ausbruchswerkzeuge, Sägen, Feilen ec., welche mitunter im Mund, unter den Achselhöhlen oder in den Haarzöpfen sich versteckt befinden), abzunehmen.

66.

Der Eintretende wird gebadet und eingekleidet und der Direktion vorgeführt, registrirt und eingeteilt und mit seinen Pflichten und Verhaltungsmaßregeln bekannt gemacht.

67.

Neu Eingetretene sind in der Regel für die erste Zeit in einer Einzelzelle, soweit solche verfügbar, abgesondert zu halten.

68.

Der Austritt der Gefangenen aus der Strafanstalt unterliegt der Kontrolle der Justizdirektion, ohne deren spezielle Verfügung weder eine Entlassung, noch eine Versetzung in eine andere Anstalt oder in Untersuchungshaft, noch irgendwelche Strafunterbrechung zulässig ist.

69.

Die männlichen Sträflinge haben
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n.n.: Strafhaus-Ordnung. , Luzern 1893, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Strafhaus-Ordnung_1893_Luzern_ZentralGut_993983580105505.pdf/10&oldid=- (Version vom 20.10.2023)