Seite:Translatorische Bewegung des Lichtäthers.djvu/1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ueber die Fragen, welche die translatorische Bewegung des Lichtäthers betreffen; von W. Wien.
(Referat für die 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf, 1898; Section Physik.)

Die Frage, ob der Lichtäther an den Bewegungen der Körper theilnehme oder nicht, und ob ihm überhaupt Beweglichkeit zuzuschreiben ist, hat die Physiker seit langem beschäftigt und zahllos sind die Annahmen und Vermuthungen, die man für die Eigenschaften des Trägers der electromagnetischen Erscheinungen aufzustellen für nöthig hielt. Es kann indessen nicht zweifelhaft sein, dass alles, was wir über den Aether wissen, in der Maxwell’schen Theorie des Electromagnetismus enthalten ist und alles übrige dem Gebiete der reinen Speculation angehört. Ich habe mir demgemäss nicht die Aufgabe gestellt, ein literarisches Referat über die unzählbaren Theorien, die den Lichtäther zum Gegenstande haben, zu liefern, sondern mich bemüht die Fragen herauszuheben, die wir auf der Grundlage der Maxwell’schen Theorie in Betreff der Beweglichkeit des Aethers zu stellen haben.

Wenn wir die Annahmen machen, dass dem Aether Beweglichkeit zukomme, so treten sogleich weitere Fragen hinzu, nämlich zunächst ob diese Bewegung Energieaufwand beansprucht, dem Aether also träge Masse zuzuschreiben ist, und dann ob der Aether durch die Bewegung fester Körper ebenfalls in Bewegung gesetzt wird. Das letztere scheint nach vielen Experimenten, namentlich nach den ausgedehnten Versuchen von Lodge, die mit schnell rotirenden Metallmassen oder in der Nähe schnelllaufender Kreissägen angestellt wurden, nicht der Fall zu sein.

Wir werden zunächst die Annahmen, ob dem Aether Beweglichkeit zuzuschreiben ist oder nicht, gegenüberstellen und dann zur Besprechung der Erfahrungsthatsachen übergehen.