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ganzen Wesen etwas Widerwärtiges, etwas Abstoßendes haben. Ich will hier schon darauf hinweisen, was ich im Schlußwort nochmals erwähne, daß besonders Männer, die alles höhnisch „durch die Zähne ziehen“, die stets ein höhnisches Lächeln auf dem Gesicht haben, geradezu unleidlich sind. Diese Sorte Männer gehört stets mit zu den Gemütsrohen, den Brutalen. Ihre Brutalität grinst überall durch die Ritzen ihres Hohns hindurch. Äußere Häßlichkeit wird wettgemacht durch ein gütiges Herz; innere Häßlichkeit kann auch das bestechendste Äußere nicht ausgleichen. Wo es sich also um einen Mann handelt, der dem jungen Mädchen seines ganzen Wesens wegen widerlich ist, wo also eine Abneigung besteht, die die feinsten seelischen Empfindungen berührt, da müßte ja das Mädchen, das einem solchen Menschen sein Jawort gibt, schon während der Verlobung dauernd heucheln, müßte fortgesetzt Komödie spielen, um diese Abneigung zu verbergen! Das wäre eine Marter, die in der Ehe sich schließlich noch mehr steigern würde; bald würde stiller Haß daraus entstehen, jener Haß, der stets die Familientragödien hervorruft.

Nein – wo ein Mädchen sich von dem Wesen eines Freiers abgestoßen fühlt, da soll es jeden Heiratsgedanken weit von sich weisen! – Anders ist es, wenn nur eine Abneigung wegen körperlicher Mängel vorhanden ist. Hier ist es Pflicht der Mutter, gegebenen Falles der Tochter vor Augen zu führen, daß der Freier, wenn er auch kein „schöner Mann“ ist, so doch über so viel innere Schönheit verfügt, daß das Mädchen töricht wäre, die gute Partie auszuschlagen. Gewiß: jedes Mädchen trägt zunächst so allerlei romantische Liebesträume im Herzen! Jede malt sich in Gedanken das Bild des Zukünftigen – nach der Gestalt des Helden irgend eines vielgelesenen Romans, jede! Je schneller sie aber erkennen lernt, daß das nüchterne Leben zumeist ganz anders ist als diese Romane, wo sie sich regelmäßig „kriegen“ und wo die Ehe dann stets eitel Glück und Sonnenschein ist, desto leichter wird sie ein wahres

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)