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renommieren kann. Frau Müller wirkt jetzt nicht mehr peinlich-erheiternd, sondern lästig. Und sehr bald – unangenehm! Herr Schulze sagt nachher zu Frau Meier: „Das ist ja ein gräßliches Weib, diese Müller!“ Stimmt: Solche Leute sind gräßlich, besonders wenn sie noch im Theater, in der Eisenbahn und im Restaurant so laut sprechen, daß die Umsitzenden alles mitanhören! Und – sie sprechen immer laut, diese Vertreter dieses Typs. Sie wollen gehört werden! Sie reden geradezu für die Umgebung. Sie glauben nämlich, sich und ihren Wert dadurch ins rechte Licht zu rücken! Daß jeder über sie die Achseln zuckt, mehr noch, daß man solche Menschen insgeheim als Störenfriede mit Bezeichnungen belegt, die Beleidigungen sind, scheinen sie nicht zu ahnen.

Einmal fuhr ich von Berlin nach Stettin mit einem jungen Arzt und mit einer Krankenschwester zusammen. Der fünfte Satz des Medizinmannes lautete regelmäßig: „Wirklich – das weiß keiner außer mir!“ – Er erzählte für das ganze Abteil. Die Sache war so widerwärtig, daß ein dicker Herr dem unleidlichen Schwätzer schließlich die Zigarrentasche hinhielt und sagte: „Bitte – bedienen Sie sich! Wenn Sie rauchen, haben wir wenigstens etwas Ruhe vor Ihrem Geschwafel!“ – Das half. Der Herr Doktor verstummte. –

Dann ein anderer Typ, den ich schon vorhin kurz kennzeichnete: der des Spötters mit dem ewigen Grinsen auf dem Gesicht, dem nichts heilig ist! – Alles ziehen diese Leute durch die Zähne. In Gesellschaft verderben sie die Stimmung durch ihre oft taktlosen, verletzenden Bemerkungen. Sie halten sich für geistvolle Spötter. Jeder andere ist für sie „Banause“ – „beschränkt“. Leider lassen sich viele von solchen Leuten (es sind meist Männer) geradezu einschüchtern, besonders junge Mädchen und jüngere, etwas ungewandte Herren. Gerade diese erwählt dieser Typ sich als Zielscheibe für hämische Spottgeschosse. Bis dann doch mal einem die Geduld reißt und er dem widerwärtigen Menschen gehörig über den Mund fährt. Zu näherem Verkehr erwählt niemand diesen Typ. Begegnet man ihm

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W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/106&oldid=- (Version vom 1.8.2018)