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Vorwort.
Über die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Benehmens.

Hand in Hand mit der fortschreitenden Kultur hat sich auch eine Fülle von Anstandsregeln ganz von selbst entwickelt. Der Anstand, die Schicklichkeit, gehört mit zur Kultur.

Die alten Kulturvölker, Ägypter, Griechen, Römer, Perser und wie sie alle heißen, besaßen genau so ihre Anstandsregeln, ihre Trinksitten und gesellschaftlichen Gebräuche wie wir heutzutage. Nur waren diese auch genau so verschieden wie in der Jetztzeit. Was in Athen als „fein“ galt, konnte in Rom als unfein oder taktlos gelten; wie wir heute als Deutsche uns hüten müssen, kritiklos fremde Anstandsregeln, etwa aus England, Amerika, oder Frankreich, anzunehmen. Jedes Volk hat seine Sitten. Und alles schickt sich nicht für jeden. Der „gute Ton“ jedes Volkes schmiegt sich notwendig den Charaktermerkmalen der Nation an. Wenn der Amerikaner seine Rücksichtslosigkeit (er selbst mag es „berechtigtes Selbstbewusstsein“ und Zwanglosigkeit nennen) so weit treibt, daß er für seine Füße jeden beliebigen Ruheplatz wählt, daß er mit übereinander geschlagenen Beinen im Eisenbahnabteil den Weg versperrt, und was sonst noch an ähnlichen Äußerungen des überzüchteten Freiheitsgefühls eines Mischvolkes, wie der Nordamerikaner es darstellt, zu nennen ist, – wenn weiter der Engländer den Rassenstolz bis zur deutlich gezeigten Geringschätzung anderer Nationen durch viele kleine, ihn so unsympathisch machende Verstöße gegen das beweist, was man „internationale“ Schicklichkeit nennen könnte, – wenn der Durchschnittsfranzose in seiner oft albern wirkenden

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)