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sich spendet, sollen derart sein, daß sie den Beschenkten an den geliebten Geber oder die geliebte Geberin erinnern, also möglichst Schmuck, der dauernd getragen wird, oder Gebrauchsgegenstände. Beide Teile haben hierbei ja eine reiche Auswahl. Er: Armband, Uhr, Uhrkette, Brosche, Vorstecknadel usw. – Sie: Krawattennadel, Manschettenknöpfe, Ring oder aber elegantes Tintenfaß, Spazierstock, eine Bronze für den Schreibtisch, eine eigene Photographie in kostbarem Rahmen – usw. – Unter „Morgengabe“ (dieser Brauch geht bis ins Altertum zurück) versteht man ein wertvolleres Geschenk, das der Ehemann seiner jungen Frau am Morgen nach der Hochzeit macht. Dieses Geschenk soll stets ein Schmuckstück sein. Da hier gerade vom Hochzeitsmorgen die Rede ist, will ich noch eines nachholen. Es gilt mit Recht als unfein, daß das junge Paar etwa an der Nachfeier am Tage nach der Hochzeit teilnimmt. Es soll zunächst für sich allein bleiben. Genau so, wie die Bekannten die Pflicht haben, das junge Paar erst nach etwa vier Wochen zu besuchen oder einzuladen. Letzteres ist eine Pflicht. Man soll (Verheiratete natürlich) die jungen Eheleute nach der angegebenen Frist bei sich aufnehmen, dies in Gestalt eines zwanglosen Abendessens. Bei dieser Gelegenheit muß der Hausherr die Jungvermählten in seinem Heim durch eine kleine Rede begrüßen.

Hiermit gelangen wir zu dem Thema:

Tischreden.

„Viel und gut reden ist das Talent des geistreichen Weltmannes; wenig und gut der Charakter des Denkers; viel und schlecht die Wut des Witzlings, der Schwätzer und Snakschwestern und aller Alltagsköpfe.“

Diese treffenden Worte Karl Julius Webers seien diesem unserem Unterthema vorausgeschickt. – Es gibt nun – genau wie über die Frage „Wie werde ich energisch?“ – auch Bücher, die aus jedem einen guten Redner zu machen – versprechen!

Aus jedem?! Ich möchte das bezweifeln. Mit der Rednergabe verhält es sich genau so wie mit dem Taktgefühl. Wem sie nicht angeboren ist, kann sie sich auch

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)