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sind. Sie besitzen Rednergabe. Aber – sie finden, wenn sie erst mal loslegen, weder Maß noch Ziel; sie beginnen etwa bei den alten Assyrern und gelangen in weiten Sprüngen durch die Jahrhunderte bis dorthin, wo sie eigentlich hätten beginnen müssen: bis zur Jetztzeit und zu denen, die sie feiern wollen. – Diese Sorte von „geistvollen“ Tafelrednern sind der Schrecken der Hausfrau; sie machen’s nie unter einer Viertelstunde; alles atmet auf, wenn sie fertig sind.

Also: rede schlicht und einfach; rede kurz! – Wem nicht die Gabe verliehen, einer Rede eine scherzhafte Form zu geben, hüte sich gerade davor! Gerade bei sog. „humorvollen“ Reden kommen die gröbsten Entgleisungen vor. Hüte Dich, aus einem Buche wie z. B. „Der Festredner“ eine Rede halb abzuschreiben, die nur dann auch humoristisch wirkt, wenn sie entsprechend vorgetragen wird. Ein Scherz plump vorgebracht kann gleich einer Ohrfeige sein! Man erlebt in dieser Beziehung bei Hochzeiten oft unglaubliches. Es gibt „Humoristen“, die in Hochzeitsreden oft intime Geschichten aus dem Leben des Brautpaares usw. miteinflechten. Tu’ das niemals! Es ist taktlos, mag dies Intime noch so harmlos sein. – Natürlich darf Deine Rede aber auch nicht zu kurz sein; etwa wie die jenes „witzigen“ Leutnants, der seine Damenrede bei einer Hochzeit mit folgenden Verslein abtat:

Augen links, Augen r–r–rechts –!
Es leben die Vertreterinnen des schönen Geschlechts!
Es leben die Hoch – hoch – hoch –!

Etwas derartiges ist ebenfalls eine Entgleisung. –

Wie erleichtert sich nun der im Reden Ungeübte und der „Angstmeier“ seine Aufgabe? – Ich schlage folgendes vor. Jeder arbeite sich die Rede schriftlich aus und schreibe sie dann nochmals sauber ab. Er benutze bei dieser Ausarbeitung ruhig Bücher wie „Der Festredner“. Weshalb nicht?! Weshalb soll man stundenlang sich mit dem Entwurf einer solchen Rede abquälen, wenn man sich’s einfacher machen kann?! Diese Rede lies Dir dann laut so oft vor, bis Du sie etwas auswendig

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)