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kannst. Merke Dir gleichzeitig die einzelnen Abschnitte, wie sie aufeinander folgen, was darin steht usw. So erhältst Du im Kopfe ein sog. plastisches Bild der Disposition Deiner Rede. Dann versuche sie auswendig zu sprechen. Glaubst Du endlich, Deiner Sache nun ganz sicher zu sein, so halte die Rede vor Deiner teuren Gattin oder „in Ermangelung“ dieser vor einem Bekannten. An dem kritischen Abend gibst Du dann das Manuskript einer Dame, die neben Dir sitzt, mit der Bitte, Dir zu soufflieren. Dann weißt Du, daß Du gar nicht stecken bleiben kannst, und dies Bewußtsein wird Dir eine so große Beruhigung sein, daß Du – auch nicht ein einziges Mal den Faden verlierst. – Wer auf diese Weise die erste Scheu vor dem öffentlichen Sprechen überwindet, indem er sich selbst die nötige Sicherheit durch „die Souffleuse“ gibt, kann sogar mit der Zeit, falls Anlage vorhanden, ein sehr guter Redner werden. Es ist dies aber auch der einzige Weg, das Reden zu erlernen. Übung macht hier wie überall den Meister. Zum mindesten wirst Du allmählich das Kulissenfieber überwinden. – Wer aber so ein großer Angstmeier ist (und deren gibt es sehr viele!), daß selbst die „Souffleuse“ nichts hilft und daß so ein „Unglückswurm“ im entscheidenden Moment alles vergessen hat und vor Aufregung dann auch nicht mal die Souffleuse versteht, der werde nun nicht etwa „wild“, sondern nehme einfach der Souffleuse das Manuskript aus der Hand und lese „die Geschichte“ vor! Er wird sich dadurch bei der ganzen Tischgesellschaft nur beliebt machen, denn nichts ist ja furchtbarer als so ein vor Verlegenheit puterroter, stammelnder und hüstelnder Redner! –

Hier etwa Reden dieser und jener Art anzuführen, erübrigt sich. Man bekommt überall Bücher zu kaufen, die solche Reden, gleichzeitig auch Briefentwürfe enthalten. Über Briefe später unter 4. noch genaueres.

d) Familienverkehr.

Nicht ohne Grund will ich den Familienverkehr in einem besonderen Unterabschnitt behandeln. Nur er

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)