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Mädchen genau so machen. – Ich will jetzt auch gleich noch die Frage erörtern, ob man bei Tisch (von einer festlichen Tafel usw., die sich lange ausdehnt) aufstehen und für ein paar Minuten verschwinden darf. – Gewiß darf man es. Man entschuldigt sich bei seiner Tischdame: „Ich will mir nur dies und das holen – oder ich habe noch dringend zu telephonieren,“ gibt man als Vorwand an. – Es ist eine Torheit, sich vielleicht gesundheitlich zu schädigen. Genau so kann man in jeder Familie den Hausherrn fragen, ob man sich nicht mal die Hände waschen darf. Der Hinweis genügt dann. Selbst dort wo nur eine Hausfrau vorhanden ist, kann man auf diese Weise sich etwas zurückziehen. –

Dann erzählte mir mal Schulze folgendes: „Zu Meiers kriegen mich keine zehn Pferde mehr hin. Ich kann nämlich eins nicht essen: Rührei! Ich kann es nicht! – Und – was setzen Meiers mir vor?! Was legt mir die liebenswürdige Hausfrau noch besonders reichlich eigenhändig auf den Teller?! – Rührei –! – Ich hab’s hinuntergewürgt. Und – nachher hatte ich acht Tage einen verdorbenen Magen. – Nein – zu Meiers nie mehr! Bei einem größeren Essen kann ich ein Gericht, das ich nicht mag, weglassen. In der Familie beim zwanglosen Abendbrot muß ich essen, was da ist! Und wenn dann noch gar die Hausfrau die Zwanglosigkeit so sehr übertreibt, daß sie mir selbst den Teller füllt, dann – dann –!

Schulze hat ganz recht: das sollte eine Hausfrau nie tun! Aber – er ist auch seinerseits insofern ein kleiner Stoffel gewesen, als er das Rührei ohne Scheu hätte sofort ablehnen müssen. „Ich muß leider danken. Mein Magen verträgt dies und das nicht.“ – Eine solche Bemerkung wird kein Mensch übelnehmen!

Auch diese Gründe für die „Familienscheu“ haben allerlei Variationen. – Bei Müllers ist stets schlecht geheizt; sie sind an 13 Grad gewöhnt. Meier, der tagsüber im mollig warmen Kontor sitzt, holt sich bei Müllers natürlich einen Schnupfen und – flieht fortan das Haus wie die Pest. – Dann: Schutzes sind „frische Luft-Fanatiker“, reißen alle Augenblick die Fenster auf ohne

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)