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jede Rücksicht auf den Gast, der durch diesen Besuch bei ihnen ein steifes Genick bekommt und auch schwört: „Nie wieder!“

All diese Hinweise auf Fehler in der Behandlung von Gästen mögen manchem unnötig erscheinen. Und doch: wer einmal gesellschaftlichen Verkehr der verschiedensten Art ausgekostet hat, weiß, daß derartige Fehler weit häufiger gemacht werden, als man schon dem gesunden Menschenverstand gastfreier Ehepaare zutrauen dürfte. –

Familienverkehr – zumeist auch die Einleitung einer Verlobung. Insofern gehört diese mit zu unserem Unterthema. – Wie verlobe ich mich? – O bitte – lächeln Sie nicht, verehrte Leser! Es laufen in Deutschland Tausende junger Leute umher, die sich über viele Fragen nicht klar sind, die mit dem Verloben zusammenhängen.

Soll ich mich erst der Geliebten erklären oder erst bei den Eltern um sie anhalten? – Antwort: Frage erst „sie“, ob sie die Deine werden will. Gelegenheit dazu bietet sich immer. Dann zieh’ Deinen Gehrock an, nachdem Du Dich bei Meiers entweder telephonisch oder brieflich zu einer „vertraulichen Rücksprache“ angemeldet hast, nimm gleich, wenn Du Deiner Sache sicher bist, rote Rosen für Lottchen mit (die Rosen läßt Du zuerst im Flur) und bringe dann bei den Eltern Dein Sprüchlein an – kurz und bündig: „Sie gestatten, daß ich folgendes vorausschicke. Ich habe das und das Einkommen, habe die und die Schulden (das beichte sofort!), kann also eine Frau ernähren. Ich liebe Ihre Tochter und bitte Sie sehr, in eine Verlobung zu willigen. Mit Lottchen bin ich einig.“ – In diesem Falle erst lange poetische Redensarten vom Stapel zu lassen, ist für die Eltern sehr peinlich und – für Dich auch, denn man redet da gewöhnlich Unsinn. – Wenn die Eltern ja sagen, kannst Du Deinem Lottchen gleich die Rosen überreichen. Und nachher gehst Du mit ihr zum Goldarbeiter und kaufst die Ringe. – Bieten Deine Schwiegereltern Dir nicht sofort das Du an, so bitte Du darum. Dasselbe tue den

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W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)