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Drittens.
Die Kunst, ein angenehmer Gast zu sein, eine Unterhaltung zu führen und zur Unterhaltung anderer beizutragen.

Es gibt zwei Sorten von Gästen: solche, die glauben, nur der Gastgeber hätte ihnen gegenüber Verpflichtungen, und solche, die sich bewußt, daß auch der Gast dem Gastgeber gegenüber Pflichten hat.

Die ersteren denken: „Gut – ich bin heute zu Schulzes zu einem einfachen Abendessen geladen. Also ziehe ich mir den Smoking an, und damit habe ich meine Pflicht als Gast erfüllt. Alles übrige liegt Schulzes ob: daß es gut und reichlich zu essen und zu trinken gibt, und daß ich mich auch bei ihnen „amüsiere“.“ –

Die anderen aber denken richtiger: „Hm – bei Schulzes geht es immer ein wenig steif her. Die Leute haben wenig Geschick, einen netten Ton in die Gesellschaft zu bringen. Aber sie sind dankbar, wenn einer der Gäste „die Sache etwas in Schwung bringt.“ Also sehen wir zu, daß wir unser Renommee als angenehmer Gast auch heute wahren und die Gesellschaft etwas aufheitern.“ –

Ein angenehmer Gast ist der, der folgendes beachtet:

1. der pünktlich ist

2. der „sich nicht nötigen läßt“

3. der nicht nur seine Dame in eine lebhafte Unterhaltung zu verstricken weiß, sondern der auch die Umsetzenden an diesem Gespräch zu beteiligen versteht

4. der bei Tisch gerade nur so viel trinkt, daß er in angeregter Stimmung von der Tafel sich erhebt, nicht aber angeheitert

5. der nach Tisch seine Hauptaufgabe nicht darin sieht, einen Sessel in einem verborgenen Winkel
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)