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bisher begegnet bin. Er brachte für jede Abendgesellschaft eine neue Tischüberraschung mit. Er war ein Genie im Entdecken von kleinen Scherzen, die alle Welt amüsierten. Bald holte er bei Tisch aus der Tasche irgend einen Scherzartikel hervor, der die Stimmung sofort auf den Höhepunkt hob. Manchmal war’s ein ulkiges Kinderspielzeug, manchmal eine chemische Spielerei. Dann wieder zauberte er aus einem (natürlich von ihm selbst mitgebrachten) Brötchen oder einem Apfel allerlei Sächelchen hervor, die allgemein belacht wurden; so z. B. ein Gedicht, das er, den Ahnungslosen spielend, verlas und das in Knüttelversen diesen und jenen der Tischrunde „verherrlichte“. Er war auch ein Meister in Kartenkunststücken; ebenso leistete er in der Rolle des Rezitators allermodernster Dichtungen Hervorragendes, wobei er stets Gedichte wählte, die unfehlbar „einschlagen“ mußten. Obwohl eingefleischter Junggeselle, wußte gerade er junge Mädchen aufs beste zu unterhalten. Er war der „Erfinder“ neuer Gesellschaftsspiele mit witzigen Pointen; er war überall Hähnchen im Korbe. Kein Wunder! Denn wo er geladen, da fehlte es nie an Stimmung!

Solche Leute wie er sind selten. Ihnen ist diese Gabe einen ganzen Kreis anzuregen und zu zerstreuen, angeboren. Aber auch jeder andere vermag wenigstens etwas mitzuhelfen, eine Gesellschaft zu belegen. Wer das Talent dazu in sich fühlt, der bereite sich auf kleine Scherze usw. vor. Ich empfehle z. B. den allerliebsten Trick mit dem eingeschmuggelten Apfel, den man von seiner Tischdame zerschneiden läßt, die dann darin ein Papierröllchen usw. findet. Es gibt ja für jemand, der nur etwas Erfindungsgeist hat, genug Möglichkeiten, ähnliche Überraschungen auszuführen.

Wer die Gabe besitzt, humoristische Gedichte vorzutragen oder dergleichen, sollte sein Licht stets nach Tisch leuchten lassen. In dieser Hinsicht ist Bescheidenheit verkehrt. – Ich besinne mich noch, daß ich einmal einen Vetter, der mich von auswärts besucht hatte, mit zu Bekannten nahm. Dieser Vetter war (und ist noch heute) ein feiner Komiker, obwohl sonst von Beruf

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/83&oldid=- (Version vom 1.8.2018)