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stets wie ein Befehl wirkt: „Gib gefälligst acht, was ich Dir mitzuteilen habe!“ – Das Komma hinter der Anrede verhütet auch, daß man den Brief mit „ich“ beginnt, was unhöflich ist. Schreibe ich zum Beispiel:

Sehr geehrter Herr Geheimrat, (also Komma!)
Sie waren so liebenswürdig – usw. – oder –
auf Ihre freundliche Einladung zu dem –

so werde ich weniger leicht dazu verführt, etwa sofort mit einem „Ich“ herauszuplatzen.

Der Brief selbst soll wieder anderthalb Fingerbreit unter der Anrede beginnen. Am linken Rande bleibt ein mindestens fingerbreiter Streifen unbeschrieben, ebenso am unteren Rande. Die jetzt häufig zu findende Art, nach Füllung der ersten Seite auf der letzten weiter zu schreiben, also das Innere des Briefbogens zuletzt zu benutzen, gilt als nicht fein, obwohl es fraglos bequemer ist.

Noch etwas über die Anrede. – Leute in gleichen Stellungen lassen den Titel im Briefe weg. Es wird also Postsekretär Meier nicht an Postsekretär Schulze schreiben: „Geehrter Herr Postsekretär“, sondern „Geehrter Herr Schulze“. Der im Range niedriger stehende Beamte muß dagegen bei dem Höherstehenden stets den Titel hinzufügen. Ebenso wird dies auch ein an Jahren bedeutend jüngerer Gleichgestellter dem älteren Herrn gegenüber tun. –

„Musterbriefe“ (Briefentwürfe) hier zu bringen, würde über den Zweck unseres Buches hinausgehen. Ich kann nur jedem, der im Briefschreiben nicht gewandt ist, raten, einen Briefsteller[WS 1] zu Rate zu ziehen. Weshalb soll man viel kostbare Zeit damit vergeuden, etwa ein recht herzlich gehaltenes Glückwunschschreiben aufzusetzen, wenn man sich die Sache vereinfachen kann?

Das Beifügen von Rückporto bei Schreiben im geselligen Verkehr (Frau Meier in Stettin fragt bei Frau Müller in Berlin an, ob sie ihr dort dies und jenes besorgen könne) war früher bei den billigen Portosätzen nicht üblich. Heute würde ich jedem raten, es zu tun,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Als Briefsteller bezeichnet man ein Buch, das Anleitung zum Briefeschreiben gibt.
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)