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Sprachfehler schließen. Wer sich die Mühe macht, sie nicht lediglich zu überfliegen, sondern sie einzeln zu prüfen, wird[1] dadurch vielleicht zum Nachdenken über weitere Fehler angeregt werden, auf die er irgendwo stößt.

Gehen wir noch kurz auf die Interpunktion, die Zeichensetzung, ein. Gerade Frauen werden hiermit nie fertig. Es ist erstaunlich, wie schwer ihnen eine richtige Interpunktion fällt. Ich kann auch hier nur raten: Kurze Sätze! – Ein Brief läßt sich auch ohne eingeschaltete (und dann falsch interpungierte!) Sätze schreiben. Jeder gewöhne sich daran, möglichst nur Hauptsätze zu bilden. Es geht. Man muß es nur versuchen. Das in dieser Art Geschriebene liest sich dabei nicht einmal schlecht. Es gewinnt an Klarheit. Man überzeuge sich hiervon. Meine letzten Sätze behelfen sich alle mit dem „Punkt“.

Gewinnt an Klarheit – lesen sich nicht schlecht! – Damit kommen wir zum „Stil“ – zum fließenden Stil, den jeder sich aneignen möchte.

Was versteht man unter fließendem Stil, der ja mit ein Erfordernis von gutem Deutsch ist? – Fließender Stil ist eine Schreibweise, die sich durch Wohllaut und auch durch Klarheit auszeichnet. Wer es dem Leser möglich macht, gleich beim ersten Lesen alles richtig zu verstehen, und in ihm dabei noch den Eindruck erweckt, Verse in Prosa vor sich zu haben, der schreibt fließend.

Abermals derselbe Rat: Gewöhne Dich an kurze Sätze, und – Du gewöhnst Dir auch klares, logisches Denken an! – Wer lange Satzperioden baut, beweist nur, daß er nicht scharf zu denken vermag. Heute ist man von derartigen Satzungetümen ganz abgekommen. Liest man einen älteren Roman mit Perioden, die etwa fünf Zeilen in Anspruch nehmen, so merkt man sehr bald, wie ermüdend dieser frühere gekünstelte Stil ist. – Als Kuriosum will ich hier aus einem Oberlandesgerichtsurteil so ein Satzungeheuer zur Abschreckung anführen: „Kläger beantragt, das Gericht wolle erkennen, der Beklagte habe Kläger für die von diesem an die in dem von ihm zur Bearbeitung übernommenen


  1. Vorlage: wir
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/94&oldid=- (Version vom 1.8.2018)