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Zur Naturgeschichte des Menschen.
Eine höchst flüchtige ethnographische Betrachtung.
Von
Fr. Gerstäcker.

Es gibt kein weiter verbreitetes, größeres und mannigfaltigeres genus unter den Säugethieren, als das erste, und – wie wir selber als Menschen nicht gut anders annehmen können – bildungsfähigste und gebildetste derselben – das genus homo.

Das am weitesten verbreitete ist es insofern, als nur der Mensch, ebenso wie die gemeine Hausfliege, überall auf der, von uns bescheiden die Welt genannten, Erde angetroffen wird. – In den Eisregionen, trotzdem daß dort das Quecksilber wie der Mensch friert, läßt er sich ganze Winter hindurch einschneien; unter der sengenden Zone des Aequators ist er zu Haus, in der gemäßigten aber wuchert er, wie das Geschlecht der Pilze, und außerdem bieten ihm Höhen oder Tiefen, wie gewöhnliche elementarische Hindernisse keineswegs hinreichenden Widerstand, daß er ihn nicht schließlich doch überwände. Während sich ein Theil in die Erde gräbt – tiefer als der misantropischeste Maulwurf je daran dachte einzufahren, klettern Andere auf den Montblanc, die Jungfrau, den Chimborasso und Dwalagiri, nur um das Vergnügen zu haben wieder hinunter zu sehen. Aeronauten fliegen durch die Lüfte, und hie und da taucht sogar plötzlich, zum unbegrenzten Erstaunen zufälliger Augenzeugen, ein vollkommen athemloses Menschenkind aus irgend einem Theil des Meeres auf, wo es unten auf dem Grund nach verkümmerten Muschelthieren oder angefaulten Schiffen gesucht hatte.

Es ist in der That kein erreichbarer Winkel der Erde oder Elemente von ihnen frei – die Flamme ausgenommen, die sich, wie bekannt, Mephisto vorbehalten. Sei es mit Regenschirmen oder Botanisirtrommeln, mit Schneeschuhen oder barfuß, unverdrossen durchstreifen sie das Land,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Zur Naturgeschichte des Menschen. In: Hausblätter, 1860, 1. Band. Adolph Krabbe, Stuttgart 1860, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zur_Naturgeschichte_des_Menschen-Gerstaecker-1860.djvu/1&oldid=- (Version vom 1.8.2018)