Was Alles im Jahre 1557 passirt ist

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Autor: Otto Beneke
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Titel: Was Alles im Jahre 1557 passirt ist
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 236–238
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Quelle: Google, Commons
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79. Was Alles im Jahre 1557 passirt ist.

Zum Ersten: Ein grimmiges Wolfesthier, so übers Eis der Elbe kommen war, that im Winter großen Schaden, erwürgete Menschen und Vieh rund um die Stadt, und ließ sich nicht fangen, so daß die Leute schon glaubten, er sei ein Wärwolf, der sich wieder zum Menschen zaubere, wenn er verfolgt werde. Am 10. Februar, Morgens früh, wollte die Ehefrau des Horner Hufners Arends nebst ihrer Magd zur Stadt gehen; da sie nun vom heiligen Geist-Gehöfte (so dem also genannten Hospital annoch zuständig) nach der hohlen Rönne kommt, wo dazumal ein Gehölze, da springt aus dem Busch das gräuliche Unthier mit mordlustigen Augen und Tatzen auf sie zu, beißt sie jämmerlich in Kopf und Lenden und läuft davon, da die Magd ein entsetzlich lautes Zetergeschrei anhebt und etliche Männer herzukommen. Die Bauerfrau aber starb am dritten Tage, so zerfleischet war sie; darnach ordnete der Landherr von Hamm und Horn ein Treibjagen an, das half. Der Wolf wurde aufgespürt im Hasselbrook und verlief und verfing sich in Jasper Buchwald’s Gehöfte; da schlugen ihn die Bauern erst todt und hingen ihn dann, wie man einen Missethäter justificiret, mit einem Strick um den Hals an dem größten Eichbaum der Heerstraße auf, zum Wahrzeichen, daran Jedermann sehen könne: also verfährt man zu Hamm und Horn mit boshaftigen Wölfen.

Zum Andern: Am 27. März wurde in Hamburg zuerst zur nächtlichen Besetzung der Wälle eine ordentliche Bürger-Wache angerichtet, was etwas ganz Neues war und viel Aufsehens bei den Bürgern machte, weshalb man es auch darnach benennet. Es war aber damit nicht weit her und nicht weit hin, denn bald wurden solchem Bürger-Aufsehen die Augen schläfrig und die Glieder lahm, und es kam dahin, [237] daß nur ein paar alte Männer mit Knebelspießen Wache hielten, wenn’s keinen Krieg gab, – und erst Ao. 1619 kam die bessere Bürger-Wache ins Leben, die bis 1810 (zuletzt auch verwunderlich genug) bestanden hat.

Zum Dritten: Im April und Mai liefen bedräuliche Kriegsgerüchte in Hamburg um, dieweil der Bischof Christopher von Bremen einen Zorn auf die Stadt geworfen und der Graf von Mansfeld sich schwierig bezeigte. Darum ließ der Rath die Trommeln rühren und die Fähnlein fliegen, und schickte Kriegsvolk nach dem Tollenspieker. Es kam aber, Gott Dank, zu keinem Kriege.

Zum Vierten: Im October kamen gen Hamburg hohe Gäste, welche Rath und Bürger gar herrlich tractiret haben, nämlich: die Königin von Dänemark Frau Dorothea, nebst ihren Söhnen Kronprinz Friedrich und Herzog Magnus, die bekamen in Hinrich Wittekop’s Hause ihr Logiement; sodann August von Sachsen, des heiligen Römischen Reichs Kurfürst und Herzog Hans von Sachsen, die wurden in Hinrich von Zeven’s Hause in der Gröningerstraße (im spätern Englischen Hause) einquartirt; und endlich Herzog Wilhelm von Lüneburg, der in Hans Rode’s Hause lag. Und um den hohen Personen die Zeit zu vertreiben, und die Tractemente und Festlichkeiten anzuordnen und zu beaufsichtigen, auch ihnen sonst aufzuwarten, wo’s nöthig war, wurden deputiret aus E. E. Raths Mittel: die Herren Jürgen Vilter und Johann Werken; und von der Bürgerschaft, aus St. Petri-Kirchspiel: die Ehrbaren Tönnies Elers und Johann Brand, die besorgten die Gäste im von Zeven’schen Hause; aus St. Nicolai: Hinrich Rheder und Hinrich vom Kroghe, für die in Wittekop’s Hause; aus St. Catharinen: Jochim Rentzel und Christoph Kellinghusen, für den Lüneburger in Haus Roden Hause; endlich aus St. Jacobi: Elaus Korvemaker und Evert vom Berge, [238] die mußten aufpassen helfen, daß kein Mangel an irgend Einigem war.

Zum Fünften passirte in demselben Jahre, auch im October, als kaum die Herrschaften abgereiset waren, viel Brandstiftung. Eine Rotte boshaftiger Strolche unterfing sich, die schönen Gartenhäuser vor der Stadt in Feuer aufgehen zu lassen, um dabei zu rauben. Vom 16. bis 19. October brannten sie Johann Ritzenberg’s, Hans von Holten’s, Hinrich von Düllmen’s und Beckendorp’s Gartenhäuser ab. Darnach noch Peter von Spreckelsen’s Wohnung und Kornspeicher. Alle diese schönen Lustgärten lagen vor dem Dammthore, am heutigen Jungfernstiege, der damals „der Damm“ hieß.

Erst im December kam man den Mordbrennern auf die Spur, und griff zuerst einen Jungen, Paul Bornemann, der gestand Alles, wie man ihn mittelst scharfer Frage peinlich vernahm. Hans Dammann, der Anstifter, gab sich darauf selbst an, als auf ihn gefahndet wurde, und vermeinte, sich weiß zu brennen; zum Brennen kam’s auch mit ihm, aber roth, denn er wurde mit dem Jungen am 20. Januar 1558 auf dem Melkberge (Andere schreiben: auf dem Meßberge) mit Ketten an den Pfahl gebunden und zu Tode „geschmöket.“ Jürgen Vogt, einer der Spießgesellen, entlief, wurde aber in Lübeck gegriffen und allda gleichermaaßen gerichtet.

Anmerkungen

[384] Unzweifelhaft geschichtliche Erzählung in Beckendorp’s handschriftlicher Chronik. – Die amtliche Deputirung von Raths- und bürgerschaftlichen Mitgliedern, zur Beaufsichtigung der Verpflegung fürstlicher Gäste, ist bemerkenswerth.